In den USA sind sogenannte Nitazene, eine synthetische Droge hier in Tablettenform, schon länger ein Problem. Aber auch in Deutschland steigt die Zahl der Todesopfer. © DEA
München – Man kann die Substanzen legal im Internet kaufen, in speziellen Foren gibt es schon regen Austausch über ihre berauschende Wirkung. Klar ist aber: Bei den sogenannten „Forschungschemikalien“ handelt es sich um hochgefährliche Drogen. Seit September sind mindestens sieben Menschen in Bayern an ihnen gestorben. Tendenz: steigend. Deshalb schlägt das Landeskriminalamt (LKA) Alarm.
„Rauschgiftexperten warnen vor unkalkulierbaren Folgen beim Konsum von Research Chemicals“, heißt es eindringlich vom LKA. „Innerhalb weniger Monate häufen sich Rauschgifttodesfälle und Vergiftungen“, bei denen die „Forschungschemikalien“ eingenommen wurden. Dabei handelt es sich größtenteils um sogenannte Neue psychoaktive Stoffe, wie zum Beispiel synthetischer Opioide der Gruppe der Nitazene. Sie können eine euphorisierende und entspannende Wirkung haben, aber auch einen Atemstillstand auslösen. Brisant: Die Stoffe unterliegen zum jetzigen Zeitpunkt in Deutschland weder dem Betäubungsmittelgesetz noch dem Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz. Im Internet werden sie eigentlich zur Verwendung in Laboren oder in der Industrie angeboten. Das Landeskriminalamt warnt mit Nachdruck davor, diese Stoffe als Rauschgift zu missbrauchen. Es gebe keine gesicherten Erkenntnisse, in welcher Menge die Wirkung wie stark ist. Bei gleichzeitigem Konsum mit Medikamenten, Alkohol oder anderen psychoaktiven Stoffen seien die Wechselwirkungen unkalkulierbar. Und vor allem: Schon eine kleine Menge zu viel könne zum Tod führen. Das wurde sieben Menschen in Franken, Schwaben und im nördlichen Oberbayern zum Verhängnis. Sie waren zwischen 17 und 38 Jahren alt. Laut der Europäischen Drogenangentur haben Nitazene 2023 in der EU mehr zu mehr als 150 Todesfällen geführt. In den USA ist das Problem mit synthetischen Opioiden wie Fentanyl noch viel massiver: Dort gab es im selben Zeitraum 75 000 Tote. Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, sagte zwar, die Lage in Deutschland sei „nicht vergleichbar“ mit der in Nordamerika. „Aber wir müssen uns trotzdem auf eine Zuspitzung der Lage vorbereiten.“ Damit meint er, dass die Zahl der Drogentoten möglicherweise steigen wird. „Vor allem auch, dass mehr Menschen zu allem greifen, was der Markt hergibt und billig ist“, sagt Blienert. Experten warnen in dem Zusammenhang, dass immer mehr junge Menschen in Deutschland starke Schmerzmittel wie Tilidin oder Oxycodon missbrauchen. In manchen Substitutionspraxen und Suchtkliniken beträgt der Anteil junger Personen bis zu 20 Prozent.
NADJA HOFFMANN