Äpfel an einer Streuobstwiese. © Weißbrod/pa
München – Weniger Geld für Krötenschutz, kein Geld mehr für Zäune, um Wiesenbrüter vor Füchsen zu schützen, keine Finanzmittel mehr für die Wiedervernässung von ausgetrockneten Moorflächen und den Kauf von Streuobstbäumen – sechs Jahre nach dem Bienen-Volksbegehren stockt die Umsetzung der vereinbarten Naturschutz-Maßnahmen. „Uns brechen die Gelder weg“, warnte Norbert Schäffer, Chef des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV). Er berichtete von einer „Frustration der ehrenamtlichen Mitglieder“. Aber auch Bauernverbands-Vertreter gehen auf die Barrikaden, sogar zusammen mit dem Bund Naturschutz wie neulich im Landkreis Dachau.
Hintergrund der Kritik ist eine Haushaltssperre für den Vertragsnaturschutz. Dabei erhalten Landwirte Geld für Naturschutz-Arbeiten, etwa für das Anlegen von Gewässerrandstreifen. 18 Millionen der 117 Millionen Euro, die im Haushalt des Umweltministeriums dafür vorgesehen sind, wurden aber eingefroren. Damit fehlt das Geld, um weitere Ziele des Bienenvolksbegehrens umzusetzen. Ein Problem: Die Ziele sind nicht einklagbar. „Wir können juristisch keinen Druck machen“, sagte Schäffer. Die Sprecher des Volksbegehrens wurmt es auch, dass sie bei den Regierungsfraktionen kaum Gehör finden. Es fehle ein konservativer Umweltpolitiker von der Statur eines Josef Göppel oder Alois Glück. Auch in Umweltminister Thorsten Glauber (FW) setzen sie offenbar wenig Hoffnung.
Vor sechs Jahren hatten 1,7 Millionen Bürger, 18,3 Prozent der Wahlberechtigten, das Volksbegehren mit ihrer Unterschrift unterstützt. 2019 wurden Ziele per Gesetz verabschiedet. Dabei geht es eher am Rande um Bienen, vielmehr um klassischen Naturschutz. Beispiel: Bis Mitte 2025 sollen 20 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche nach den Grundsätzen des ökologischen Landbaus bewirtschaftet werden. Zurzeit sind es aber nur 14 Prozent. „Dieses Ziel ist schon mal hinüber, man kann es nicht mehr erreichen“, stellte Landtags-Vizepräsident Ludwig Hartmann (Grüne), einer der damaligen Initiatoren des Volksbegehrens, nüchtern fest. Auch Agnes Becker, ebenfalls eine der damaligen Akteure und nun ÖDP-Landeschefin, klingt frustriert. „Milch, Fleisch, Eier gibt‘s aus deutscher Bioproduktion deutlich zu wenig.“ Die Nachfrage habe wieder angezogen – doch die derzeit nur 14 000 Bauernhöfe in Bayern, die auf Bio umgestellt hätten, könnten das nicht bedienen. Die Zahl der Bio-Bauern sei indes sogar leicht rückläufig.
Akut gefährdet ist offenbar auch der Zuwachs bei den Streuobstwiesen. Eine Million Bäume sollen bis 2030 neu gepflanzt werden. Weniger als ein Zehntel sind es bisher. Es mangelte an Jungbäumen, doch in diesem Jahr haben die Baumschulen signalisiert, dass dieses Problem beseitigt ist. Dafür hakt es an anderer Stelle. Für die Pflege jedes Baums erhält ein Landwirt zwölf Euro im Jahr – doch die Gelder sind nun gesperrt. „Wenn sich das nicht ändert, wandern die Jungbäume in den Schredder“, warnte Schäffer.
DIRK WALTER