In Biontech investierten die Strüngmanns vor 20 Jahren.
Großbaustelle: Stephan Heller, Sprecher der Strüngmanns, in Bad Wiessee, wo das Luxus-Hotel Seegut entsteht. © tp
Die Edelstahl-Kugel ist Wahrzeichen der Fünf Höfe. © imago
Thomas und Andreas Strüngmann im Jahr 2003. Damals waren die Zwillingsbrüder noch Vorstand der Hexal AG. © Pohlmann/pa
München/Bad Wiessee – Andreas und Thomas Strüngmann haben ein Händchen für gute Geschäfte. Die eineiigen Zwillinge sind Gründer des Pharmakonzerns Hexal, Großaktionäre bei Biontech und mischen auf dem Immobilienmarkt mit. Das Wirtschaftsmagazin „Forbes“ schätzt ihr Vermögen je auf knapp zehn Milliarden Euro. Aufgewachsen sind die Brüder am Tegernsee, wo sie aktuell für 200 Millionen Euro ein Luxus-Hotel der Extraklasse erbauen lassen. Vergangenes Jahr kauften sie die Fünf Höfe in München. Kostenpunkt: 800 Millionen Euro. Am Sonntag feiern sie 75. Geburtstag. Ein Überblick über die Spuren der Strüngmanns in Oberbayern.
Hexal – der erste große Coup
Ernst Strüngmann, Augenarzt und Vater der Zwillinge, hatte 1969 mit seiner Firma Durachemie das erste Antibiotika-Generikum auf den deutschen Markt gebracht. Nach dem Umzug von NRW nach Garmisch und schließlich nach Rottach-Egern hatten seine Söhne Abitur gemacht, studiert und 1979 mit 29 Jahren die mittelständische Firma übernommen. Thomas, promovierter Betriebswirt, und sein Bruder Andreas, promovierter Arzt, hielten an den Arznei-Kopien fest. 1986 verkauften sie Durachemie für über 90 Millionen Mark – und gründeten ihre erste eigene Firma: Hexal.
Familie Strüngmann hatte über Jahrzehnte den richtigen Riecher bewiesen: Die Krankenkassen begannen, mehr aufs Budget zu achten; Politiker wollten mit Generika das Gesundheitssystem sanieren. 2005 hatte Hexal, mit Sitz in Holzkirchen im Kreis Miesbach, in über 30 Länder expandiert. Die Gründer verkauften für 7,5 Milliarden Dollar an Novatis. „Man sollte alle paar Jahre etwas Neues beginnen“, sagte Thomas Strüngmann damals zur Begründung. Mit der eigens gegründeten Vermögensverwaltungsfirma Family-Office Athos wollten die Brüder fortan auch in anderen Branchen aktiv sein. Sie hatten schon in das Mainzer Biotech-Unternehmen Biontech investiert, als dieses vor 20 Jahren noch ein Start-up war. Durch den Impfstoff-Pionier waren die Zwillinge weltweit in den Medien. 2023 schätzte Forbes ihr Vermögen auf je zehn Milliarden Euro, was die Brüder auf Platz 10 und 11 der reichsten Deutschen rückte.
800 Millionen für die Fünf Höfe
Die Strüngmanns investieren seit Jahren im großen Stil in Immobilien, unter anderem als Geldgeber für den Luxus-Wohnungsbauer Legat Living und als Partner des Grünwalder Immobilienunternehmens Rock Capital. Ihm kauften zwei Strüngmann-Gesellschaften 2017 auch einen Teil der Hofmann Höfe in Obersendling ab. Vergangenes Frühjahr wurde dann bekannt, dass eine Gesellschaft der Athos-Gruppe die Fünf Höfe in der Münchner Innenstadt kaufen wird. Die Mega-Immobilie, die 60 Geschäfte, ein Dutzend gastronomische Betriebe, die Hypo-Kunsthalle sowie Büros und Arztpraxen beherbergt, soll 750 bis 800 Millionen Euro kosten.
200 Millionen für „Seegut Tegernsee“
Auch im Tegernseer Tal investieren die Strüngmanns seit einigen Jahren massiv. Weit über 200 Millionen Euro sollen sie in das Seegut am Tegernsee in Bad Wiessee stecken wollen. Seit vergangenem Jahr wird auf der größten Hotel-Baustelle Deutschlands direkt am Seeufer gewerkelt. 2028 soll das Haus im gehobenen Super-Luxus-Segment öffnen. „Es ist noch nicht ausgeschlossen, dass die Familie selbst als Betreiber auftritt“, sagte Athos-Sprecher Stephan Heller im Dezember. Mit dem Seegut entsteht in der 5000-Einwohner-Gemeinde quasi ein eigener Ortsteil. Die Planungen laufen seit über zehn Jahren. Das Hotel soll nach der Fertigstellung 170 Betten in 86 Zimmern, Suiten und Häusern bieten. Vor Ort haben die Strüngmanns und ihre Erben zudem schon drei Pensionen gekauft, um sie in Mitarbeiter-Wohnungen umzubauen. Ein viertes Haus ist in Planung.
650 Millionen für Pharma-Firma
2022 sind die Strüngmanns eine strategische Kooperation mit der Biopharma-Firma Formycon in Planegg eingehen. Durch den 650-Millionen-Euro-Deal soll Athos mehr Einfluss im Unternehmen erhalten, welches dafür Rechte an zwei Biosimilar-Kandidaten erhält. Ein Biosimilar ist ein Nachahmerprodukt eines Biopharmazeutikums, etwa eines biotechnologisch erzeugten Proteins, das nach Ablauf der Patentzeit des Originalwirkstoffs zugelassen wird. Biosimilare werden vor allem bei chronischen Erkrankungen wie Diabetes und Rheuma oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn angewendet.
25 Millionen für junge Gründer
Die Strüngmanns sind nicht nur erfolgreiche Unternehmer, sondern auch engagierte Philanthropen. Nach dem Tod ihres Vaters gründeten sie 2007 das Ernst-Strüngmann-Forum, eine Plattform für interdisziplinäre Forschung und den Austausch von Wissen in den Bereichen Gesundheitspolitik und Biomedizin. Bis 2031 unterstützen sie mit 25 Millionen Euro auch den Ausbau der UnternehmerTUM, Europas größtes Gründungs- und Innovationszentrums an der Technischen Universität München.
In Garching arbeiten rund 100 vielversprechende Gründungsteams in Bereichen wie Biotechnik, Chemie, Künstliche Intelligenz und Luft- und Raumfahrt. „UnternehmerTUM und die TUM haben in den letzten 20 Jahren ein herausragendes Start-up-Ökosystem aufgebaut“, sagten die sonst sehr medienscheuen Andreas und Thomas Strüngmann. „Mit unserem Engagement möchte unsere Familie einen Beitrag leisten, noch mehr Studierende und Wissenschaftler auf einem erfolgreichen unternehmerischen Weg zu begleiten.“
CORNELIA SCHRAMM