Krach im Landesseniorenrat

von Redaktion

Thomas John verlässt Vorstand wegen interner Differenzen

München – In Bayerns Landesseniorenrat gibt es Streit. Thomas John, einer der acht gewählten Vorstände, hat gestern seinen Rücktritt erklärt. Er begründet das mit anhaltenden Spannungen und Meinungsverschiedenheiten, die eine konstruktive Zusammenarbeit unmöglich machen würden. Mangelnde Teamfähigkeit, Eifersucht und Missgunst im Vorstand würden die Handlungsfähigkeit des Seniorenrats gefährden, kritisiert der 76-Jährige aus Ebersberg. „Dieser anhaltende Zustand ist alles andere als effektiv.“ Er möchte die nötige Energie für eine sinnvolle und Ergebnis führende Mitgestaltung nicht mehr aufbringen.

John hat früher im Krankenhaus-Management gearbeitet, er sei es gewohnt, dass die Arbeit zu Ergebnissen führt. Im Landesseniorenrat habe ihm der Schwung gefehlt, sagt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Seit der Seniorenrat vergangenes Frühjahr seine Arbeit aufgenommen hatte, sei einfach viel zu wenig passiert. Das liege vielleicht auch an der Struktur. Die acht Vorstände sind gleichgestellt, es fehle manchmal die Führung. Nicht nur die zwei ernannten Sprecher hätten sich zu den Themen geäußert, sondern auch andere Vorstände – und das unabgestimmt.

Der 76-Jährige sagt ganz offen, er habe sich von dem Amt mehr erhofft. Im April hatte er die Arbeit voller Motivation begonnen. Er wollte für kostenlose öffentliche Toiletten kämpfen, für Barrierefreiheit, eine Verdichtung des Nahverkehrs. Auch den Zugang von Senioren zu elektronischen Medien wollte er erleichtern Und vor allem hatte er auf mehr Partner-Seniorenvertretungen in den 2056 bayerischen Städten und Gemeinden gesetzt. 254 waren es im April, heute sind es rund 360. John hatte auf mehr gehofft, zumal den Kommunen dadurch keine Kosten entstehen, betont er. Doch viele Veranstaltungen des Landesseniorenrats vor Ort seien nicht zufriedenstellend ausgefallen. Auch bei dem Ziel, die Seniorenarbeit analog zur Jugendarbeit als kommunale Pflichtaufgabe gesetzlich zu verankern, ist der Seniorenrat nicht recht weitergekommen. John ist frustriert. Er habe sich erhofft, der Landesseniorenrat würde durch die Nähe zum Ministerium Ideen schnell voranbringen können. Und er hatte gehofft, dass Seniorenthemen im Landtag mehr Gehör finden würden. „Schließlich sind die Über-65-Jährigen die größte Wählergruppe.“

Seine Entscheidung zurückzutreten hat sich John nicht leicht gemacht, sagt er. Er will sich künftig weiter als Delegierter im Kreis Ebersberg im Landesseniorenrat engagieren. Auch im Verein Landesseniorenvertretung Bayern (LSVB) und im Ebersberger Seniorenbeirat bleibt er aktiv. „Die Senioren haben mich nicht verloren“, betont er. In den Vorstand des Landesseniorenrats wird ein Stellvertreter nachrücken: Siegfried Bauer, 77, aus Ingolstadt.

Der Vorstand des Landesseniorenrats äußerte sich gestern in einer schriftlichen Stellungnahme. Man bedauere Johns Rücktritt. Durch sein Engagement in der Landesseniorenvertretung sei es zu Interessenkonflikten mit seiner Vorstandstätigkeit gekommen, heißt es darin. Das habe eine Zusammenarbeit mit John erschwert und teils unmöglich gemacht. „Man kann nicht zwei Herren dienen.“ Der Vorstand habe John gebeten, sich bis Ende 2024 zwischen beiden Ämtern zu entscheiden. Er habe einen neuen Arbeitsvertrag bei der LSVB unterschrieben. „Von jedem Vorstandsmitglied erwarten wir uneingeschränkte Unterstützung und Loyalität“, schreibt der Vorstand. „Diese Loyalität haben wir seit einiger Zeit bei Herrn John vermisst.“ Dennoch sei die Hand des Vorstands ausgestreckt. „Wir freuen uns, wenn wir gemeinsam mit der LSVB auf Augenhöhe für die Belange älterer Menschen in Bayern eintreten können.“

Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) sagte gestern, sie respektiere Thomas Johns Entscheidung. Ihr Ministerium stehe im regelmäßigen, persönlichen Austausch mit dem Vorstand des Landesseniorenrats. Dabei seien diverse Themen erörtert worden. Scharf betonte aber auch, inhaltlich agiere der Landesseniorenrat unabhängig vom Ministerium.
KATRIN WOITSCH

JOSEF AMETSBICHLER

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