Zeugnistag: Die ausgeteilten Wortgutachten werden ausführlich studiert. © Hildenbrand/dpa
München – An diesem Freitag werden in Bayerns Schulen die Zwischenzeugnisse verteilt – doch viele Kinder und Jugendliche werden mit leeren Händen nach Hause kommen. Lernentwicklungsgespräche und Zwischenberichte gewinnen an Bedeutung. Alles habe seine Berechtigung, betonten Schulexperten. Mehr als vier Fünftel der staatlichen Grundschulen greifen in den Klassen 1 bis 3 inzwischen alternativ auf ein Lernentwicklungsgespräch zurück, wie das Kultusministerium auf Anfrage mitteilte. Ein Viertel der 2265 Grundschulen nutzen sogar die Möglichkeit, ein Lernentwicklungsgespräch anstelle des Jahreszeugnisses zu führen.
Bei diesem Treffen tauschen sich das Kind selbst, seine Eltern und die Lehrkraft über Stärken, Schwächen und Entwicklungspotenziale aus und vereinbaren konkrete Ziele. Grundlage für das Gespräch ist ein ausführliches Formular, auf dem das Kind wie auch die Lehrkraft zuvor dessen Kompetenzen detailliert bewertet haben. Doch das geht auch an der Grundschule nicht immer: Zum Ende der zweiten Klasse muss es ein normales Zeugnis geben, weil dann meist der Wechsel zu einer neuen Klassenleitung ansteht. Auch in der vierten Klasse gibt es die herkömmlichen Noten, bevor es dann auf die weiterführende Schule geht. Wegen des Wechsels bekommen die Viertklässler bereits im Januar einen Leistungsbericht, Anfang Mai dann ihr Übertrittszeugnis. Eine Änderung dieser Regelung sei „nicht vorgesehen“, betonte das Kultusministerium.
Auch an den Mittelschulen verbreitet sich die Praxis von Gesprächen statt Zwischenzeugnissen. Diese Möglichkeit wurde in den Jahrgangsstufen 5 bis 7 im zurückliegenden Schuljahr von knapp 15 Prozent der Schulen genutzt. An weiteren Schulen gibt es beides kombiniert: Gespräch und Halbjahreszeugnis.
An Realschulen und Gymnasien ist es zudem je nach Schulordnung möglich, die Zwischenzeugnisse durch mindestens zwei schriftliche Informationen über das Notenbild pro Schuljahr zu ersetzen. Nach einer überblicksartigen Umfrage des Philologenverbands machen fast die Hälfte der Gymnasien und FOS/BOS davon Gebrauch. Man habe als Stichprobe 113 Schulen befragt, sagte Verbandschef Michael Schwägerl. Ergebnis: Nur ein gutes Drittel der Gymnasien und FOS/BOS verteilt noch Zwischenzeugnisse, fast die Hälfte jedoch ist zu Zwischenberichten übergegangen. Dabei wird nicht nur die Gesamtnote, sondern die Note jeder einzelnen Prüfung aufgelistet. „Zwischenberichte bedeuten Transparenz“, sagte Schwägerl. Eltern könnten den individuellen Lernfortschritt genau verfolgen. Doch jedes Verfahren habe seine Berechtigung. Noten seien ohnehin nur „ein Teil der Feedback-Kultur an den Schulen“.
DIRK WALTER