Eine Kleinstadt wird Bayrisch-China

von Redaktion

Rassismusvorwurf gegen Faschingstradition

Am Unsinnigen Donnerstag verwandelt sich Dietfurt in ein bayerisches China. © dpa

Dietfurt – Gelbe Wimpel mit Drachen, bunte Lampions, Folkloremusik, dazu Fußgruppen im Chinesengewand oder auf einer Rikscha fahrend: Am Unsinnigen Donnerstag, dieses Jahr am 27. Februar, mutiert das kleine Städtchen Dietfurt an der Altmühl in der Oberpfalz zu einem „Reich der Mitte“. Der Narrenruf lautet „Kille Wau“. Bei diesem Spektakel, das jedes Jahr etwa 18 000 Besucher in die 6000-Einwohner-Gemeinde zieht, gibt es viele kulturelle Stereotype. Und doch kommen selbst chinesische Staatsbürger in Scharen, um das bunte Treiben in „Bayrisch-China“ zu erleben.

Der Chinesenfasching gehört zu den bekanntesten Faschingsveranstaltungen in Bayern. Der Umzug bewegt sich jedes Jahr mit 1500 Teilnehmern und einem Kaiserpaar in Richtung Stadtplatz. Derzeit regiert das Kaiserpaar DaKaRe und DiMucki in Bayrisch-China. Im bürgerlichen Leben heißen sie Karl und Regina Donauer. Morgens in der Früh schlüpfen die beiden in ihr goldfarbenes Kaisergewand, das eine Schneiderin für sie maßgefertigt hat. Dazu gehört auch ein wertvoller Kopfschmuck.

Die Tradition des Chinesenfaschings wird seit den 50er-Jahren in Dietfurt gefeiert. Er spielt auf den historischen Necknamen „Chinesen“ für die Dietfurter an. Der Bischof von Eichstätt schickte einst seinen Kämmerer nach Dietfurt, damit er dort die Steuern eintreibe. Die Dietfurter ließen ihn nicht die Stadttore passieren, und der Kämmerer berichtete dem Bischof verärgert, die Dietfurter verschanzten sich „wie die Chinesen hinter ihrer Mauer“.

Seit knapp drei Jahren steht der Chinesenfasching jedoch unter Rassismusvorwürfen. Eine Asiatin aus Köln hatte bei TikTok einVideo vom Chinesenfasching hochgeladen und den Dietfurtern „Yellow facing“ vorgeworfen – also das Verkleiden von Europäern als Asiaten. Seitdem habe die Stadt unter Dauerbeschuss gestanden, sagt Bürgermeister Bernd Mayr (Freie Wähler) und atmet einmal tief durch: „Ich finde, dass es jetzt auch mal gut sein muss mit dem Vorwurf der kulturellen Aneignung. Wir sind doch keine Rassisten, sondern weltoffene Menschen.“ Die Stadtverwaltung hat auf die Vorwürfe reagiert und einige Änderungen vorgenommen. So wurden ältere Bilder mit gelb geschminkten Gesichtern aus dem Internet entfernt. Auch beim Faschingsumzug mit Fußgruppen und Wagen sollen keine mehr zu sehen sein. Die asiatisch anmutenden Kostüme würden jetzt aus „Originalstoffen aus China“ hergestellt, um deren Kultur auch zu würdigen. „Alles soll so authentisch wie möglich sein.“
EPD

Artikel 1 von 11