Der Flughafen München will langfristig eine 3. Startbahn bauen. © Sven Hoppe/dpa
München – Seit 2018 gilt ein Moratorium für die geplante 3. Startbahn am Flughafen München. CSU und Freie Wähler haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass „die Planungen für deren Bau“ während der Regierungszeit „nicht weiterverfolgt“ werden. Ungeachtet dessen hat die Flughafen München GmbH (FMG) aber seit 2018 eine Reihe von Grundstücken erworben, die für den Bau der umstrittenen Flugpiste notwendig wären. Dies geht aus der Antwort des bayerischen Finanzministeriums auf eine Landtags-Anfrage des Grünen-Fraktionsvizes und Freisinger Landtagsabgeordneten Johannes Becher hervor, die unserer Zeitung vorliegt.
Demnach „wurden von der FMG insgesamt 31 Grundstücke erworben, die im Grunderwerbsverzeichnis (…) für die Erweiterung des Verkehrsflughafens München durch Anlage und Betrieb einer 3. Start- und Landebahn als zu erwerbende Grundstücke bezeichnet sind“. Die Liste der Grundstücke mit Größe und Flurnummern – zumeist in den Gemeinden Oberding, Marzling und Eitting – liegt unserer Zeitung ebenfalls vor. Grünen-Fraktionsvize Becher fährt schwere Geschütze auf: „Trotz Moratorium war der Flughafen alles andere als untätig.“ Finanzminister Albert Füracker (CSU) als FMG-Aufsichtsratsvorsitzender habe den „Bruch des Koalitionsvertrages“ in Kauf genommen. „Das ist einfach dreist.“ Den Freien Wählern und ihrem Freisinger Abgeordneten Benno Zierer – ein Gegner der 3. Startbahn – hält Becher vor, sie hätten sich „über den Tisch ziehen“ lassen.
Der Streit um die 3. Startbahn ist jüngst wieder neu entflammt. Im Oktober wurde ein Feststellungsbescheid der Regierung von Oberbayern publik, nach dem der Flughafen ein ewiges Baurecht für die 3. Startbahn hat. Normalerweise erlischt eine Baugenehmigung nach zehn Jahren, wenn bis dahin nicht mit dem Bau des beantragten Projektes begonnen worden ist. In diesem Fall heißt es indes, der Flughafen habe unter anderem durch den Bau eines Tunnels für den S-Bahn-Ringschluss nach Erding – der ebenfalls Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses war – bereits mit dem Projekt begonnen. Diese Interpretation ist umstritten – Bund Naturschutz sowie Stadt und Landkreis Freising haben beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Klage eingereicht.
Im Zuge dessen hat das Gericht offenbar nachgefragt, welche sonstigen Vorbereitungen der Flughafen für den Startbahnbau bereits getroffen hat. So kam die Grundstücksliste ans Licht. Der letzte der 31 Einträge ist noch nicht lange her: Am 6. Dezember 2024 sicherte sich die FMG 1,7 Hektar Grund in Eitting (Kreis Erding). Auf Anfrage bestätigt der Flughafen die Käufe. Das sei „korrekt“, die Grundstücke seien in dem vom Abgeordneten angefragten Zeitraum bis 31. Dezember 2024 erworben worden. Dass damit gegen den Koalitionsvertrag verstoßen worden sei, bestreitet der Airport allerdings, ohne dies näher zu erläutern: „Im Koalitionsvertrag finden sich keine entgegenstehenden Festlegungen.“
Trotz seiner Ankäufe hat der Flughafen noch nicht alle Grundstücke für den Startbahnbau beisammen. Es fehlen noch etliche Flächen vor allem im Westen, aber auch ganz im Osten des potenziellen Startbahn-Areals. Neben Privateigentümern sind es auch die katholische Kirche sowie mit Sperrgrundstücken der Bund Naturschutz, die sich hier querstellen. Im Ernstfall müsste der Flughafen wohl Enteignungsverfahren anstreben.
DIRK WALTER