Die letzten Perückenmacher

von Redaktion

Familie Müller näht seit 70 Jahren Kunsthaar-Kopfschmuck für Fasching

Maximilian Müller, Chef der Perückenmacherei. © privat

Eine Näherin an der Behaarungsmaschine. © M. Müller

Die Truppe: 18 Mitarbeiter hat das Perücken-Unternehmen aus dem oberfränkischen Ort Thann. © Müller

Thann – Die Müllers sind seit fast 70 Jahren im Faschingsgeschäft, gelten als eines der letzten Unternehmen in Deutschland, das für die närrische Zeit selbst Perücken herstellt. Bei den Experten aus dem oberfränkischen Thann sind heuer vor allem Kostüme und Perücken im Stil der 20er-Jahre gefragt, aber auch die 80er-Jahre und die Hippies sind nach wie vor im Trend.

Von den 18 Mitarbeitern sitzen mindestens zwei Vollzeitnäherinnen bei den Müllers an den Behaarungsmaschinen. Die gusseisernen Kolosse stammen noch aus den Anfangszeiten der Großeltern, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Firma „Festartikel Müller“ gründeten. „Unsere Nähmaschinen sind vor allem robust, Schuhmacher arbeiten mit ähnlichen Modellen. Heutzutage kann man unsere Maschinen gar nicht mehr beschaffen“, erklärt der aktuelle Firmenchef Maximilian Müller. Die Näherinnen brauchen nur ein paar Minuten, um eine Perücke fertigzustellen. Das Kunsthaar wird auf eine Art dünne Mütze aufgebracht und angenäht. Je nach Frisur lockig, glatt, grün oder blau. Insgesamt hat die Firma 2500 Artikel im Sortiment. Nicht nur Perücken, sondern Zubehör aller Art, Kostüme bis XXXXL.

Die Preise reichen von 3,90 bis gut 20 Euro je Perücke. Qualitativ sei die fränkische Haarpracht nicht mit chinesischer Billigware zu vergleichen, so der 40-Jährige Inhaber. „Unsere Perücken halten oft ein Leben lang.“ Ein weiterer Vorteil: „Erkennen wir einen Trend, können wir innerhalb von zwei, drei Tagen, eine Perücke herstellen. Bis die erste Perücke aus China kommt, dauert es Monate, und der Fasching ist längst vorbei.“

So war es auch 2017, der erste Fasching in der ersten Amtszeit von Donald Trump. Die Nachfrage nach der platinblonden Frise des US-Präsidenten überrannte die Müllers damals. „Die Frisur ist gar nicht so einfach nachzubasteln. Wir haben drei Tage gebraucht, bis wir ein taugliches Modell hatten.“ Heuer ist das nicht so, der Trump-Helm gehört nicht zu den Kassenschlagern. Genau wie der Footballhelm. „Ein Jahr lief der Helm super, seitdem ist er unser Ladenhüter.“ Vor allem wegen des Schutzgitters, durch das das Trinken nicht so einfach funktioniert. Außerdem ist es auf Dauer ganz schön warm unter dem Helm.

Dass Maximilian Müller selbst Faschingsfan ist, kommt ihm in seinem Beruf zugute. Allerdings bleibt während der Saison kaum Zeit zum Feiern. „Ein paar wenige Veranstaltungen schaffe ich dennoch.“ Und seine beiden Kinder Otto (3) und Eva (1,5) sind ebenfalls schon mit dem Faschingsvirus infiziert. Sie dürfen die Kostüme für die Kleinsten Probe Tragen. „Bessere Tester und Models gibt es nicht“, sagt der stolze Papa, der heuer als „Knutschtrottel“ Fasching feiern wird. Da trägt er einen zu kleinen Frack, einen weißen Hemdkragen mit einem Lippenstiftabdruck drauf, hat einen Hut auf und ein schiefes Brillengestell. „Ach, das ist doch das Schöne am Fasching, dass man sich einfach mal zum Trottel machen kann.“
DORIT CASPARY

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