Hatte sich mehr erhofft: Hubert Aiwanger bei der Auszählung der Stimmen im Landratsamt Rottal-Inn. © Armin Weigel/dpa
München – Das Ergebnis ist alles andere als berauschend, aber der Kandidat wirkt nicht ernüchtert: Hubert Aiwanger beteuert, eigentlich alles richtig gemacht zu haben. „Wir Freien Wähler gehen guten Gewissens aus diesem Wahlkampf, mehr war für uns leider aufgrund der Polarisierung und der kurzen Vorbereitung nicht drin“, kommentiert der Freie-Wähler-Chef das bescheidene Abschneiden bei der Bundestagswahl. 1,5 Prozent bundesweit reicht zwar für die Erlangung der Wahlkampfkostenerstattung, ist aber unter dem Ergebnis von 2021 (-0,9 Prozent).
Die Strategie, mit drei direkt gewonnenen Mandaten die Fünf-Prozent-Hürde elegant zu umgehen, ging nicht auf. Statt 3 plus x gab es nix – keiner der Direktkandidaten konnte so richtig zünden, auch Aiwanger selbst nicht. Mit 23 Prozent im Wahlkreis Rottal-Inn blieb er sogar hinter dem Kandidaten der AfD – den Sieg sicherte sich der CSU-Kandidat Günter Baumgartner, bisher Bürgermeister in der Feriengemeinde Bayerbach. Hinter den Erwartungen zurück blieb auch der Landrat im Landkreis Landshut, Peter Dreier, mit 18,5 Prozent ebenfalls Drittplatzierter hinter CSU- und AfD-Bewerbern. Noch schlechter lief es für die Landrätin im Kreis Oberallgäu, Indra Baier-Müller, die nur auf Rang vier landete.
Die Stimmen derjenigen, die die Freien Wähler von weiteren bundespolitischen Engagements abhalten wollen, werden jetzt wieder lauter. Dazu zählt – nicht ganz uneigennützig – CSU-Chef Markus Söder. „Die Freien Wähler haben ein absolutes Desaster erlebt“, sagt er, ein „mieses Ergebnis“ habe auch Aiwanger persönlich eingefahren. „Es wird bei den Freien Wählern noch mal Debatten geben müssen“, Aiwangers Partei solle „kleinere Brötchen backen statt großer Weltsprüche“. Etwas dezenter formuliert es der Tölzer Landrat Josef Niedermaier (FW). „Meine Meinung war vorher klar und ist hinterher klar“, sagt er unserer Zeitung. Berlin sei nicht das geeignete Pflaster für die Freien Wähler. „Die meisten Mitglieder lehnen das ab, deshalb sind sie ja gerade Freie Wähler.“ Pikant: Niedermaier hatte vor der Wahl via Zeitungsannonce nicht für den örtlichen FW-Aspiranten, sondern für die Wahl des CSU-Kandidaten Alexander Radwan geworben – einfach weil er befürchtete, dass sein Landkreis sonst gar niemanden mehr in Berlin habe. Wer als Direktkandidat die Nase vorne hat, ist ja nicht mehr automatisch im Bundestag, die neue Wahlregel verhindert das. Wegen der Anzeige hatte sich auch Aiwanger mit einem Stoßseufzer („Muass des sei“) bei ihm gemeldet. Aber Niedermaier ist standhaft und rät von einem weiteren Engagement ab.
Wahrscheinlich vergebens: „Die Freien Wähler werden auch weiterhin bei den Bundestagswahlen antreten“, verkündete gestern Aiwangers Pressesprecher auf Anfrage. Auf ein Neues also spätestens im Jahr 2029.
DW/CD