Ausgebremst: Die Kiss-Züge der Westbahn können 200 km/h erreichen. © Matthias Balk/dpa
München/Wien – Die österreichische Westbahn befürchtet, durch anstehende Bauarbeiten auf der Strecke München–Rosenheim–Salzburg in den kommenden Jahren ausgebremst zu werden. Der Bahnbetreiber fährt derzeit fünf Mal täglich auf der Strecke München–Wien, zwei der Verbindungen täglich führen seit Dezember 2024 sogar bis Stuttgart. Durch cleveres Marketing – unter anderem gibt es Ermäßigung für Besitzer des Deutschlandtickets – und zuverlässige Verbindungen macht die privat finanzierte Bahn den Monopolisten DB und ÖBB gehörig Konkurrenz.
Mit großer Sorge blickt Westbahn-Chef Thomas Posch indes den anstehenden Korridorsanierungen entgegen. „Wenn das so kommt“, sagt Posch gegenüber unserer Zeitung, „wäre das für uns extrem schmerzhaft.“ Wie berichtet wird ab 2026 erst die Strecke Nürnberg–Regensburg, im zweiten Halbjahr dann Obertraubling–Passau von der Bahntochter InfraGo saniert und jeweils fünf Monate lang komplett gesperrt. Güter- und Fernzüge, die auf dieser Route normalerweise fahren, müssen umgeleitet werden – und ein Teil des Verkehrs wird nach den bisherigen Planungen just auf die Strecke München–Salzburg verlegt. Weil diese Strecke ohnehin schon überlastet ist, ist für zusätzliche Westbahn-Fahrten kein Platz. Die Westbahn hatte überlegt, München–Wien statt fünf künftig sieben Mal je Richtung anzubieten. „Aber das können wir uns erst mal abschminken“, sagt Posch. Schlimmer noch: Auch drei der bisher fünf Verbindungen sind nun offenbar „mit einem Fragezeichen“ (Posch) versehen. Denn bei der Bahn gilt das Regelentgelt-Prinzip. Das bedeutet: Lange ICE-Verbindungen haben gegenüber kürzeren Strecken bei der Trassenplanung Vorfahrt. „Wir befürchten, dass der Umleitungsverkehr den Bestandsverkehr verdrängt.“
Ähnlich dürfte die Situation 2027 sein, wenn die Strecke München–Salzburg in zwei Abschnitten saniert werden soll. Gegen die eigentlich geplante, je fünfmonatige Komplettsperrung hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft Widerspruch eingelegt (wir berichteten). Auch Posch hofft, dass sich das abwenden lässt. „Nach unserem Verständnis wurde auf der Strecke schon sehr, sehr viel gemacht, sodass die Komplett-Sperrung nicht notwendig ist.“ Falls es doch so kommt, sollen die Westbahn-Züge von Wien über Passau und Plattling nach München fahren. Der Zeitverlust sei nicht groß, sagt Posch, allerdings müsse der Halt in Salzburg ausgelassen werden. Die Westbahn würde vor allem die Sperrung Salzburg–Rosenheim (geplant 5. Februar bis 9. Juli 2027) trotzdem hart treffen, da sie über das sogenannte Deutsche Eck auch fünf Mal täglich zwischen Wien und Innsbruck fährt. Hier sei kaum eine Umleitung möglich.
Ein weiteres Problem kommt hinzu: Ab 2026 wird die Westbahn nach der bisherigen Planung nicht mehr am Münchner Hauptbahnhof halten können – sondern nur mehr am Ostbahnhof sowie in Pasing. Der Grund: Wegen der vielen Umleitungen im Zuge der Korridorsanierungen hat die DB InfraGo eine sogenannte Geschwindigkeitsharmonisierung angeordnet. Es bedeutet: Alle Züge müssen ungefähr gleich schnell sein – die Kiss-Züge der Westbahn, die 200 km/h erreichen können, werden gebremst und erreichen München 20 Minuten später. Das muss bei der Weiterfahrt nach Stuttgart durch den Haltentfall am Sackbahnhof München ausgeglichen werden. Für Posch ist das umso bedauerlicher, da der Ticketverkauf Richtung Stuttgart „sensationell gut“ läuft. „Unser Aufwärtstrend wird definitiv gebremst, aber unser Engagement in Deutschland stellen wir deshalb nicht infrage.“
DW