„Kein vernünftiges Angebot“: Das beklagt Yvonne Götz von Verdi.
Claudia Kauer hofft, dass sie über Nürnberg in die Türkei kommt.
Max und Doris Heller haben Glück. Ihr Flieger nach Dubai sollte wie geplant abheben. © Oliver Bodmer (3)
Flughafen – Im Terminal 1 des Münchner Flughafens ist es gespenstisch still. Wo sonst Reisende wie Ameisen durcheinanderwuseln, balanciert ein Handwerker eine rote Stange unter der hohen Decke. Er überprüft die Rauchmelder. „Das machen wir normalerweise nachts“, sagt er. Vereinzelt wandern Passagiere mehr oder weniger zielsicher durch die Weiten der Hallen. Flughafen-Mitarbeiter in gelben Verdi-Westen kreuzen in kleinen Grüppchen. Und immer wieder Trupps der Bundespolizei. Eine Beamtin wundert sich über das Piepsen. Es kommt vom Rauchmelder-Mann. Im leeren Check-in-Bereich auf Ebene 4 lässt sich derweil „der Aloisius vom Flughafen“, wie sich der Gepäckträger im blauen Anzug selbst nennt, auf einen Sitz fallen. „Fad is heid“, sagt er.
Ja, im Erdinger Moos ist nix los. Seit Donnerstagnacht läuft ein zweitägiger Warnstreik der Gewerkschaft Verdi. Die Gewerkschaft setzt sich für faire Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung der Beschäftigten ein. Das Flughafenpersonal ist bis Freitag, 24 Uhr, zum Arbeitskampf aufgerufen. Viele Anzeigetafeln blieben gestern leer oder waren nur rudimentär befüllt. Die Airlines haben 80 Prozent der für Donnerstag und Freitag geplanten Flüge gestrichen. Ursprünglich waren laut einem Flughafen-Sprecher an beiden Tagen jeweils rund 830 Starts und Landungen in München geplant. Davon seien jeweils 730 annulliert worden. „Für Freitag rechnen wir mit ähnlichen Zahlen“, sagt der Sprecher.
Rund 100 Flüge fanden demzufolge gestern wie geplant statt. In einem sollten auch Max (60) und Doris (59) Heller aus Ansbach sitzen. „Wir wurden gut informiert, es müsste eigentlich funktionieren“, hoffte das Ehepaar, das nach Dubai will, kurz vor Abflug. Etwas beschwerlicher hat es da Claudia Kauer. 71 Jahre alt, Outdoorkleidung, Trekkingschuhe. Flotten Schrittes rattert sie mit ihrem Rollkoffer über die menschenleeren Rolltreppenbänder, vorbei an dunklen Schaufenstern, spärlich besetzten Bistros, verwaisten Info-Schaltern und leeren Gepäckwagen. „Ich habe eine E-Mail bekommen, dass ich mit dem Bus nach Nürnberg transportiert werde“, sagt Kauer. Von dort soll es für die Münchnerin dann in die Türkei gehen.
Der Großteil der Passagiere schaut in diesen beiden Tagen aber in die Röhre – ihr Flieger bleibt am Boden. Dennoch sei der Warnstreik unumgänglich gewesen. Das sagt Yvonne Götz, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi, die im Lokal Airbräu zwischen Terminal 1 und 2 für ihre Kolleginnen und Kollegen am Flughafen kämpft, denn sie leisteten „einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherheit und Zuverlässigkeit des Luftverkehrs – rund um die Uhr, bei jedem Wetter und unter großem Druck“. Man habe bewusst die zweite Verhandlungsrunde abgewartet, „weil wir wissen, dass sich viele Passagiere enorm darüber ärgern“, betont sie. Doch der Arbeitgeber habe kein „vernünftiges Angebot“ vorgelegt. „Das hat die Kollegen sehr stark gekränkt.“
Während im Streiklokal die Hütte brummt, macht der „Würstlflieger“ draußen zwischen den Terminals keine Höhenflüge. „Normalerweise verkaufe ich bis Mittag über 50 Currywürste“, sagt Imbiss-Mitarbeiter Loris Vicari. „Heute waren es nur drei.“
DANIELA POHL