Krimi um Erbe des Hefe-Millionärs

von Redaktion

Eines von zwei mutmaßlich gefälschten Testamenten: „Ich Niels Armin Kampmann vermache alles was ich privat habe…“ steht darauf geschrieben – dann folgt der Name der angeklagten Pflegerin. © Schopf/Mediendenk (2)/Stadtarchiv Passau

Passau – Herbst 2021: Niels Armin Kampmann, der ehemalige Leiter der Passauer FX Wieninger Hefefabrik, liegt im Sterben. Der 95-Jährige wird von einer Pflegerin betreut. Kampmann hat keine Kinder. Seit dem Tod seiner Frau Eva kümmert sich allein die Pflegerin um den Multimillionär. Als Kampmann dann am 21. September stirbt, entspinnt sich ein echter Krimi um sein Erbe. Jetzt, gut drei Jahre später, kam es vor dem Landgericht Passau zum Prozess.

Zwei handschriftlich verfasste Testamente versetzten die Rechtsanwälte vor dreieinhalb Jahren in Alarmbereitschaft. Sie witterten Betrug, zumal beide Schriebe sehr plötzlich kurz nach Kampmanns Tod auftauchten. Grundstücke, Bilder, teure Teppiche, Bankguthaben und Gold: Eine Nachlassverwalterin schätzte das Erbe des Seniors auf mindestens 20 Millionen Euro – und laut diesen beiden Zetteln sollte all das seiner Pflegerin zustehen. Genau wie der dichterische Nachlass seines Schwiegervaters und Ehrenbürgers der Stadt Passau, des Schriftstellers und Arztes Hans Carossa (1878–1956). Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, hatte Kampmann bis dahin über ein Notarschreiben eigentlich den Naturschutzfonds des Freistaates Bayern als Erbe eingesetzt.

Die Polizei ermittelte. Die Staatsanwaltschaft klagte die Pflegerin, die inzwischen Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes ist, wegen Urkundenfälschung und Betrugs an. Es geht auch um mutmaßlich gefälschte Vollmachten und Überweisungsträger. Jetzt hat das Landgericht Passau die 56-Jährige zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Im Prozess sind noch mal alle Beweisstücke und die Geschehnisse nach dem Tod Kampmanns im September geprüft worden.

Den Ermittlungen zufolge hatte die Angeklagte eine Woche nach dem Tod des Unternehmers über ihren Anwalt zwei Testamente beim Amtsgericht Passau vorlegen lassen, durch die sie als Vermächtnisnehmerin beziehungsweise Erbin eingesetzt wurde. Sie beantragte damals einen Erbschein und soll dabei an Eides statt erklärt haben, die Testamente seien eigenhändig von Kampmann geschrieben und auch unterzeichnet worden. Auf einem der beiden Schriftstücke steht zum Beispiel: „Ich Niels Armin Kampmann vermache alles was ich privat habe an…“ – dann folgt der Name der Pflegerin.

Wie eine Gerichtssprecherin nun mitgeteilt hat, ging das Landgericht schlussendlich auch davon aus, dass beide Testamente tatsächlich gefälscht wurden. Die Richter hatten nach einem Schriftvergleichsgutachten eines Sachverständigen des Landeskriminalamtes keine Zweifel, dass Kampmann die Testamente nicht selbst geschrieben hatte. Sie sahen zwar keinen endgültigen Beweis, dass die Angeklagte die Schriftstücke selbst gefälscht hatte, sind aber der Auffassung, dass die Frau von der Fälschung wusste.

Gutachter: „Fälschung für Laien erkennbar“

Laut BR sagte der Experte, es sei sogar für den Laien erkennbar, dass es sich bei den beiden Testamenten höchstwahrscheinlich um Fälschungen handle. Die Handschrift in den Testamenten sei auf alt gemacht und passe nicht zu einem 95-Jährigen wie Niels Kampmann.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig: Die 56-Jährige beteuert weiter ihre Unschuld. Ihre Verteidiger, die Freispruch gefordert hatten, reiben sich am Gutachter, der den Fall als LKA-Beamter nicht neutral begutachten könne, solange der Freistaat als Erbe infrage komme. „Natürlich werden wir in Revision gehen. Wir sind mit dem Urteil nicht einverstanden“, sagte Rechtsanwalt Helmut Mörtl dem BR.
S. DOBEL/ C. SCHRAMM

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