Können Sie uns Trump erklären?

von Redaktion

Wirbel um US-Präsidenten: Wir haben Amerikaner aus Bayern um Rat gefragt

US-Präsident Donald Trump spricht im Kongress, im Hintergrund applaudiert ihm sein Vize J.D. Vance. © WIN MCNAMEE/epa

Mila Esté aus Miami studiert an der LMU in München.

Alexis Slater forscht in München zu ihrer Doktorarbeit.

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Bill Morgan fühlt sich in Europa, hier im österreichischen Seefeld, pudelwohl. Noch nie war der gebürtige Amerikaner so froh, seit 30 Jahren im oberbayerischen Mittenwald daheim zu sein. © privat (3)

■ Die Rückkehr in die USA ist unvorstellbar

Bill Morgan ist Optimist und will es auch bleiben. Das fällt dem 69-Jährigen bei all den „Schreckensmeldungen“ aus dem Weißen Haus gerade schwer. Intensiv verfolgt der Deutsch-Amerikaner, was in seiner Heimat passiert. Ein Drittel seines Lebens hat er in den USA verbracht, verließ sie wegen seines Jobs beim Militär. Seit 1998 wohnt er in Mittenwald im Kreis Garmisch-Partenkirchen. Noch nie war er so froh, dass er nicht mehr in den USA lebt. „Trump macht Amerika zu einer Oligarchie.“ Superreiche wie Elon Musk scharre er um sich. Alle anderen seien ihm egal, viele habe er als guter Redenschwinger getäuscht.

Auch die aktuelle Außenpolitik kritisiert Morgan. Der US-Präsident inszeniere sich als Retter der Welt und nehme dafür einen „falschen Frieden“ in der Ukraine in Kauf. Bill Morgan ist überzeugt, dass die Nähe zu Russland viele Landsleute verstört – auch Republikaner. „Sie trauen sich aber nicht, etwas zu sagen.“ Genau wie die Demokraten. Imponiert hat ihm, wie sich die Europäer hinter den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj stellen. Trump müsse man mit Mut begegnen. „Er will uns alle einschüchtern.“ Spricht Morgan über seine Gefühle, vermeidet er bewusst das Wort Angst. Oft hört er es aber, wenn er mit Freunden aus den USA telefoniert. Sie haben, wie Morgan, für Kamala Harris gestimmt.

■ Nachrichten schauen tut weh, aber es muss sein

„Die Situation erschüttert mich“, sagt Alexis Slater. Die 31-Jährige aus Baltimore lebt seit eineinhalb Jahren in Deutschland. In München forschte die Kunsthistorikerin für ihre Doktorarbeit. Die Geschehnisse in ihrer Heimat verfolgt sie mit Schrecken, und beschreibt Trumps Wiederwahl „als schlimmstes Szenario für Amerika“. Dass so viele ihrer Landsleute trotz des Sturms des Kapitols 2021 erneut für ihn gestimmt haben, kann sie sich nicht erklären.

Mit Widerwillen schaut Slater Nachrichten und liest die New York Times – auch, wenn es sie schmerzt: „Ich will die Nachrichten zwar nicht sehen, aber ich finde, es ist meine Verantwortung als Amerikanerin, zu wissen, was gerade passiert, und Zeugin zu sein.“ Ende März kehrt Slater zurück in die USA, mit gemischten Gefühlen. Sie freut sich auf Freunde und Familie. „Gleichzeitig möchte ich nicht zurück und von all diesen schrecklichen Dingen umgeben sein. Vor allem nicht von den Menschen, die sich für Trump entschieden haben“, sagt sie. Also plant sie, daheim aktiv zu werden und sich auf kommunaler Ebene für die Demokratie und diejenigen, die Trump auszuschließen versucht, zu engagieren.

■ Trumps fehlender Respekt ist „herzzerreißend“

Auch Mila Esté kann nicht fassen, dass viele Amerikaner den Sturm aufs Kapitol wohl nicht als Anlass nahmen, gegen Trump zu stimmen. Die 20-Jährige mit venezolanischen Wurzeln ist in Miami aufgewachsen – einer Stadt mit vielen Einwanderern aus Lateinamerika. Dass auch viele von ihnen mit Trump sympathisieren, kann sie schwer ertragen.

Esté studiert in München Ethnologie. Am meisten fürchtet sie den fehlenden Respekt Trumps vor grundlegenden amerikanischen Werten und demokratischen Institutionen. „Wichtige Werte wie Freiheit und Gleichheit scheinen nicht mehr zu gelten“, sagt sie. Die Art, wie über Themen diskutiert werde, sei erschreckend und herzzerreißend. Als Beispiel führt sie an, wie Trump den ukrainischen Präsidenten erst kürzlich vor laufenden Kameras demütigte. Eigentlich wollte Esté für ihr Masterstudium in die USA zurückkehren, die sie immer noch als Heimat sieht. Jetzt ist sie sich nicht mehr so sicher.
LEA SCHÜTZ

TOBIAS SCHWANINGER

Artikel 10 von 11