Das ehemalige Wohnheim.
Sie wurde stranguliert: Maria Köhler.
Der Tatverdächtige auf damaligen Polizeifotos. © dpa/Daniel Löb
Aschaffenburg – Maria Köhler ist 19 Jahre alt, als sie an einem Julitag des Jahres 1984 brutal aus dem Leben gerissen wird. Ihr Mörder stranguliert sie mit einem Schal in einem Wohnheim für angehende Krankenschwestern in Aschaffenburg. Das ist jetzt fast 41 Jahre her – aber noch immer ist der Täter nicht überführt. Mit einer groß angelegten Öffentlichkeitsfahndung geht die Polizei nun in die Offensive, um das Verbrechen doch noch aufklären zu können.
Die Ermittler suchen nun mithilfe der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY… Ungelöst“ (ausgestrahlt gestern Abend) nach dem Täter. Denn es gibt einen konkreten Verdacht: „Der Tatverdächtige hat sich damals nach der Tat zeitnah ins Ausland, in die Türkei abgesetzt“, erklärt Ermittler Jörg Albert. Wo er heute ist: unklar. Denkbar sei, dass der damals 25-Jährige Nazmi Gezginci nach Syrien weiterreiste oder wieder in Deutschland ist.
Falls er noch lebt, ist er mittlerweile 65 Jahre alt. Der Mann spricht nach Polizeiangaben Arabisch, Türkisch und Deutsch. „Er war zum damaligen Zeitpunkt türkischer Staatsangehöriger, ledig bzw. geschieden und Arbeiter“, sagt Jörg Albert. Er ist 1,94 Meter groß, war zur damaligen Zeit (1984), schlank und hatte schwarze, lockige Haare.
1978 kam der Mann als Tourist nach Deutschland und heiratete 1981 – doch die Ehe mit der Deutschen hielt nicht lange. Mit Maria war er bis zur Trennung etwa eineinhalb Jahre zusammen. Maria hatte nach ihrer Beziehung mit dem 25-Jährigen einen in Hanau stationierten US-Soldaten als Freund. Am Tag vor ihrem Tod übernachten beide in ihrem Wohnheimzimmer. Der Soldat fährt am nächsten Morgen – es ist der 30. Juli 1984 – in seine Kaserne zurück.
Der Verdächtige wird an diesem Morgen am achtstöckigen Wohnheim von Maria gesehen und trifft sie später auch in der Innenstadt. Beide streiten lautstark. Als die angehende Krankenschwester später wieder im Wohnheim ist, schleicht nach Angaben einer Zeugin auch der damals 25-Jährige wieder auf dem Gelände umher. Um 12.30 Uhr soll Maria ihren Dienst im städtischen Krankenhaus beginnen, aber sie kommt nicht. Nach Erkenntnis der Ermittler stirbt die 19-Jährige zwischen 12 und 13 Uhr in ihrem Zimmer mit der Nummer 506 – mutmaßlich stranguliert von ihrem Ex-Freund. Erst zwei Tage später wird das Opfer von einer Vorgesetzten gefunden.
Weltweit werde seit August 1984 nach dem Mann gefahndet. Er soll sich noch am Tattag einen Koffer gekauft haben und am nächsten Tag von Frankfurt aus in die Türkei geflogen sein. Dort habe es zwar auch ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Marias Tod gegeben – allerdings ohne Erfolg. „Wir haben eine DNA-Spur, die wir dem Täter zurechnen“, erklärt der Aschaffenburger Kripo-Chef Markus Schlemmer. Das Landeskriminalamt habe eine Phänotypisierung vorgenommen. Erst seit 2020 dürfen in Deutschland über DNA-Spuren nicht nur wie früher das Geschlecht, sondern auch Merkmale wie Augen-, Haut- und Haarfarbe und Alter bestimmt werden. Nun hoffen die Ermittler auf neue Hinweise.
ANGELIKA RESENHOEFT