Zoff ums Sau-Grillen

von Redaktion

CSU-Bürgermeister veranstaltet Fest – Veganer protestieren

„Aus der Zeit gefallen“: Die Veganerinnen Nadine Döring (l-r), Birgit Becker und Vera Gögele finden das Fest kritikwürdig.

Knuspriges Spanferkel, am Spieß gebraten: Darum dreht sich der Streit in Viechtach. © Imago

In der idyllischen Kleinstadt Viechtach im Bayerischen Wald wohnen knapp 9000 Menschen. © Armin Weigel (3)

Viechtach – Viechtach ist eine idyllische Bayerwald-Kleinstadt. Aus Sicht von Bürgermeister Franz Wittmann aber ein wenig zu idyllisch. Er will für eine Attraktion sorgen. Seine Idee: ein internationales Schweine-Wettgrillen. Mehrere Teams sollen jeweils eine Sau am Spieß grillen und eine eigens gekürte Genusskönigin den Gewinner bestimmen. Bei einer Gruppe Veganer stößt Wittmanns Idee auf Empörung.

Die Gruppe „Vegan in Viechtach“ gibt es seit rund zwei Jahren. Sie lädt zu monatlichen Stammtischen. Zur Gruppe gehören Vera Gögele, Nadine Döring und die Tierärztin Birgit Becker. Sie wollen den Menschen das Fleischessen nicht verbieten, aber sie wollen für das Thema sensibilisieren, wie sie sagen. Das Grillfest – zumal mit ganzen Schweinen – halten sie für eine Verherrlichung von Fleischkonsum. „Als wir das erste Mal von dem Vorhaben gehört haben, waren wir wirklich schockiert, wie in der heutigen Zeit jemand auf die Idee kommen kann, ein solches Fest auszurichten“, erzählt Birgit Becker. Das sei komplett aus der Zeit gefallen. Es gebe Klimakatastrophen, ein Nachhaltigkeitsproblem, und es ist mittlerweile bekannt, wie es Tieren in der Massentierhaltung gehe. Mit einem solchen Fest werde der Fleischkonsum zelebriert. „Das finden wir ganz und gar nicht in Ordnung.“ Zweimal hätten sie sich mit Wittmann zusammengesetzt, um das Wettgrillen zu stoppen oder einen Kompromiss zu finden.

Bürgermeister Wittmann (CSU) hat nach eigenen Worten zwar Verständnis für die Kritik der Veganer-Gruppe, allerdings nicht für „das militante Vorgehen der Personen“. Jeder solle das machen, was er gerne möchte. „Sie können gerne ihre veganen Produkte essen. Aber ich bin – das sage ich ganz offen und ehrlich – ein Fleischesser. Ich esse auch mal gerne vegetarisch, aber vegan – nein.“ Seiner Ansicht nach solle nicht eine Minderheit der großen Mehrheit vorschreiben, was sie essen dürfe. Der Gruppe habe er angeboten, sie könne sich an dem Fest beteiligen und für die Beilagen sorgen. Im Nachhinein sagt er, dass dieser Vorschlag „vielleicht nicht so toll“ gewesen sei. Aber: „Da wäre das Vegane ideal.“ Ein Kompromiss habe sich nicht gefunden.

Mit dem Vorschlag, sich um die Beilagen zu kümmern, hatten sich die Veganerinnen nicht ernst genommen gefühlt, wie Nadine Döring erzählt. Ihr Vorschlag wäre gewesen, dass zu 75 Prozent veganes Essen angeboten wird und zu 25 Prozent Fleisch, und dieses nicht als Sau am Spieß, sondern als Würste oder Steaks auf dem Grill. Ihr Eindruck sei, dass der Bürgermeister auf Biegen und Brechen sein Fest mit den Schweinekörpern durchdrücken wolle – „und einen Wettbewerb daraus machen wie aus dem Mittelalter“.

Am 24. Mai soll das Fest mit einem Weißwurstfrühstück starten. Sechs Grill-Teams hätten sich bereits angemeldet. Vier aus Tschechien, die Schwein grillen, eines aus Italien mit einem Lamm und ein Mann aus Viechtach, der etwas Vegetarisches oder Veganes zubereiten wolle. Veranstalter sei nicht die Stadt, sondern er selbst, berichtet Wittmann. Er wolle Menschen „unsere schöne Stadt“ zeigen. „Was gibt es da Besseres als gutes Essen?“

Anwohnerin Erika Neumann findet das Grillfest gut. Ansonsten sei in Viechtach ja nicht viel los. Zu Hause esse sie auch mal vegan: „Linseneintopf oder so. Ich esse nicht jeden Tag Fleisch, aber ich liebe Fleisch. Und ich freue mich auf das Fest.“
UTE WESSELS

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