Mit Polizeischutz aus der Kabine

von Redaktion

Staatskanzlei vergibt Ehrenzeichen an 56 engagierte Bayern

Das Ehrenzeichen für Verdienste im Ehrenamt.

Ein Gesicht des Römermuseums: Christian Weiß. © PRIVAT

Gute Seele aus Übersee: Josefine Steinbichl mit Staatskanzleichef Florian Herrmann. © Joerg Koch/Bayerische Staatskanzlei

Vom Kritiker zum Versteher: Als Fußballspieler haderte Jürgen Roth oft mit den Schiedsrichtern. Dann pfiff er selbst. © BFV

München – 56 Ehrenamtliche haben gestern in der Residenz das Ehrenzeichen des Ministerpräsidenten erhalten – als Dank für ihren langjährigen Dienst für die Allgemeinheit. Drei Geehrte berichten über ihr Engagement.

■ 2000 Mal auf dem Spielfeld

Jürgen Roth hatte lange ein schwieriges Verhältnis zu Schiedsrichtern. Als Fußballer und Trainer protestierte er lautstark gegen ihre Entscheidungen, flog deshalb vom Platz. Dann wechselte der Mann aus Langenmosen im Kreis Neuburg-Schrobenhausen die Seiten. Nahm selbst die Pfeife in den Mund und verteilte die ungeliebten Karten. Der 75-Jährige wollte zeigen, „dass ich es besser kann“. Rund 2000 Spiele leitete er, stieg bis in die Landesliga auf. Dabei erlebte er Dinge, bei denen viele wohl hingeschmissen hätten. Einmal brachte er mit zwei roten Karten Mannschaften und Zuschauer derart gegen sich auf, dass er seine Kabine nur noch mit Polizeischutz verließ. Trotzdem blieb der ehemalige Berufssoldat der Schiedsrichterei treu, startete eine über 30-jährige Funktionärskarriere – unter anderem als Obmann der Gruppe Neuburg. Mehr als 600 Mal beobachtete er junge Schiedsrichter bei ihren Einsätzen, füllte Bewertungsbogen aus. Auch für Deniz Aytekin, der aktuell als bester deutscher Schiedsrichter gilt. Vergangenes Jahr legte Roth seine Ämter nieder. Den Kollegen will er aber weiter zur Seite stehen. Dass ihn die Staatsregierung nun ausgezeichnet hat, macht ihn „mächtig stolz“. Anerkennung bekomme man als Schiedsrichter eher selten.

■ Noch einmal Händehalten

Mehrmals die Woche sitzt Josefine Steinbichl in einer fremden Wohnung. Oft redet sie kaum, hört den unbekannten Menschen geduldig zu oder hält ihre Hand. Einen Großteil ihrer Freizeit schenkt sie denen, die sich nach Zuneigung und Gesellschaft sehnen. „Es gibt so viele einsame Leute“, sagt die 64-Jährige. Auch in ihrer Heimat Übersee im Chiemgau, wo die zweifache Mutter als „gute Seele“ unterwegs ist. Sie hilft Familien in Not, Menschen mit Behinderung oder bedürftigen Senioren. Seit rund 40 Jahren ist die gelernte Arzthelferin ehrenamtlich aktiv – etwa beim örtlichen Helferkreis oder der Pfarrgemeinde. In der Staatskanzlei wurde sie für den Einsatz als Behindertenbeauftragte ihrer Gemeinde ausgezeichnet. Eines ihrer Kernthemen: Barrierefreiheit. Darüber hinaus hat sie sich zur Sterbebegleiterin ausbilden lassen. Seitdem leistet sie Menschen Gesellschaft, die nicht mehr lange leben werden. Betet mit ihnen oder reicht ein letztes Mal ihre helfende Hand.

■ Hüter des letzten Bajuwaren

Das Jahr 1990 hat dem Leben von Christian Weiß eine entscheidende Wendung gegeben. Unweit der Gemeinde Kipfenberg im Kreis Eichstätt entdeckte man ein rund 1500 Jahre altes Grab. Und darin Knochen des Kriegers von Kemathen, der als „letzter echter“ Bajuware gilt. Weiß, damals Bürgermeister von Kipfenberg, setzte sich für den Bau eines Museums ein. Als Vorsitzender des Trägervereins hat er das Römer- und Bajuwarenmuseum an der Burg Kipfenberg immer im Blick, sorgt dafür, dass die Ausstellung mit der Zeit geht. Ans Aufhören denkt der 77-Jährige noch lange nicht. Zu sehr brennt er für die Geschichte seiner Heimat. Spätestens, seit er das erste Mal vor den Überresten des Grenzwalls Limes stand.
TOBIAS SCHWANINGER

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