München – Seit Jahren kämpfen die Betroffenen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche dafür, dass der Freistaat Bayern die Aufarbeitung von Gewalt und Missbrauch zentral steuert und kontrolliert. Nachdem die politischen Gesprächsversuche ins Leere gelaufen sind, wollen die Betroffenen nun mit einer Petition an den Landtag ihrer Forderung Nachdruck verleihen. Am 9. April werden Vertreter des Betroffenenbeirats im Münchner Erzbistum und des Vereins Ettaler Misshandlungs- und Missbrauchsopfer im Maximilianeum der Vorsitzenden des Sozialausschusses, Doris Rauscher (SPD), und dem stellvertretenden Vorsitzenden Thomas Huber (CSU) ihre Forderungen überreichen.
Erreicht werden soll, dass es vergleichbare Standards gibt in den verschiedenen Institutionen, in denen Kinder und Jugendliche Gewalt erlitten haben – ob in Kirchen, Sportvereinen, Kinderheimen oder auch Familien. Seit Langem gibt es Kritik daran, dass Institutionen, in denen Missbrauch geschehen ist, die Aufarbeitung in eigener Regie und ohne Kontrolle durchführen.
Für Richard Kick, Sprecher des Betroffenenbeirats im Münchner Erzbistum, braucht es eine unabhängige Bayerische Aufarbeitungskommission und einen Betroffenenrat auf Landesebene, „weil wir ja nicht nur mehr über Betroffene aus dem kirchlichen Bereich sprechen. Wir haben das Ziel, dass Menschen aus allen anderen Bereichen Unterstützung erhalten“. Für Kinder, die etwa in Familien missbraucht worden sind, gebe es kaum Hilfsmöglichkeiten juristischer oder therapeutischer Art. In dem in der bayerischen Verfassung festgeschriebenen Wächteramt des Staates sehen die Petenten die Verpflichtung für einen umfassenden Schutz von Kindern und Jugendlichen.
Im Erzbistum habe die Kirchenführung „aufgrund unserer Arbeit ernsthaft erkannt, um was es geht“. Die Betroffenen würden jetzt in die Umsetzung der Aufarbeitung einbezogen. „Wir haben ein gewichtiges Wort.“ Sehr viel mehr Menschen in Bayern hätte aber geholfen werden können, wenn die Staatsregierung früher eine Aufarbeitung auf Landesebene und einen Beauftragten gegen Gewalt in Institutionen eingerichtet hätte.
Kick rechnet damit, dass die Petition in zwei bis drei Monaten im Ausschuss behandelt wird. Davon erhoffen sich die Betroffenen eine Initialzündung für eine bayernweite Kommission. Sie fordern auch einheitliche Regelungen für Schmerzensgeld und Schadensersatz. Zusätzlich müssten ein Landesbeauftragter als unabhängiger Ansprechpartner und eine Anlauf- und Beratungsstelle eingerichtet werden. Auch das Landeskomitee der Katholiken und der evangelische Landesbischof Christian Kopp unterstützen die Petition.
CLAUDIA MÖLLERS