München – Auch die bayerische Agrarministerin stellte sich in den Regen, um Günther Felßner den Rücken zu stärken. Als am vergangenen Sonntag hunderte Landwirte auf den Königsplatz kamen, um dem Bauernpräsidenten ihre Unterstützung zu demonstrieren, sagte Michaela Kaniber: „Er wäre der richtige Mann gewesen.“ Der richtige Mann für Berlin, für das Bundeslandwirtschaftsministerium. Felßner war gesetzt, CSU-Chef Markus Söder hatte sich den Landwirt auf dem Posten gewünscht. Doch dann kam alles anders. Und jetzt kratzt ein Bericht am Image des Bauernchefs.
Was vor gut zwei Wochen, mitten in den Koalitionsverhandlungen, auf dem Hof des Bauernpräsidenten in Mittelfranken passierte, bewegte nicht nur Politik und Landwirtschaft: Aktivisten von „Animal Rebellion“ hatten gegen Felßners mögliche Kür zum Bundesagrarminister protestiert. Der 58-Jährige sah durch die Proteste, die er als „Überfall“ sowie als „Einbruch“ auf seinen Hof und in die Privatsphäre seiner Familie bezeichnete, die persönliche Sicherheit in Gefahr. Er zog sich deshalb aus dem Rennen ums Ministeramt zurück. Nach dem Vorfall auf dem Hof Felßners nahm der Staatsschutz Ermittlungen auf, es geht um den Verdacht des Hausfriedensbruches.
Wie der Spiegel jetzt berichtet, hatte Felßner kurz vor den Tierschutzaktivisten auch vom Veterinäramt Besuch – nämlich am 21. März. Hintergrund sei eine „tierschutzrechtliche Meldung“ der Organisation Peta an das Landratsamt Nürnberger Land gewesen. Nach dem Hinweis seien Offizielle zur „unangekündigten Vor-Ort-Kontrolle“ angerückt und hätten unter anderem „gering- bis mittelgradige Mängel in der tierärztlichen Versorgung“ einzelner Rinder festgestellt. Der Spiegel zitiert die Behörde weiter: „In Teilen der Laufställe lagen geringgradige Mängel bezüglich der Einstreu und Entmistung vor.“ Außerdem liege ein geringgradiger Mangel in der Bauweise am Futtertisch der Kälberbox vor.
Das Magazin greift auch bekannte Vorwürfe gegen Felßner auf. 2018 hatte ihn das Amtsgericht Hersbruck wegen Gewässerverunreinigung zu 90 Tagessätzen von je 80 Euro verurteilt (wir berichteten). Hintergrund war ein jahrelanger Konflikt um Abwasser aus Futtersilos gewesen, das über Rohre auf ein benachbartes Waldstück und einen Bach geflossen war. Obwohl der Landwirt, der damals stellvertretender Präsident des bayerischen Bauernverbands war, schon 2015 vom Landratsamt darauf hingewiesen worden sei, das Problem zu lösen. Trotzdem errichtete er weiteres Silo, das sich zum Teil in einer Wasserschutzzone befand.
Eher eine Kleinigkeit dürfte die Kontrolle des Veterinäramts im Dezember 2021 sein. Wie Felßner gegenüber dem Spiegel erklärt, habe die Kontrolle in einem Rinderstall aus den 80er-Jahren stattgefunden, der inzwischen stillgelegt sei. Kritikpunkt der Veterinäre: eine „kurzfristig undichte Tränkeeinrichtung“.
Auf die aktuelle Kritik reagierte Felßner schnell: Dem Spiegel sagte er, er habe Verbesserungsvorschläge innerhalb weniger Stunden umgesetzt. Die Behörde bestätigt, die Mängel seien beseitigt worden. Das Magazin bewertet die Vorgänge als „nichts Dramatisches“, möglicherweise hätte der Besuch der Veterinärmediziner jedoch den Druck auf Felßner erhöht, auf den Ministerposten zu verzichten.
CAZ