Der Blick in die Röhre: Ein kleines Stück der 2.Stammstrecke (50 Meter) nahe der Donnersbergerbrücke ist schon im Rohbau fertig. Die Inbetriebnahme dauert aber noch gut zehn Jahre. © Marcus Schlaf
München – Die 2. Stammstrecke wird immer teurer. Eine neue Kostenschätzung der Deutschen Bahn kommt auf 9,369 Milliarden Euro. Rechnet man eine durchschnittliche Teuerung von 2,5 Prozent bis ins Jahr 2035 fort, werden sogar 10,9 Milliarden Euro erreicht. Ausgaben der Stadt etwa für die Umweltverbundröhre Laim und einen Steg am Leuchtenbergring eingerechnet landet man bei über elf Milliarden. Diese Zahl nannte gestern die Deutsche Bahn auf Anfrage.
Beim Baustart 2016 sollte das Bauwerk 3,85 Milliarden Euro kosten. Erstmals aktualisiert wurden die Kosten im Jahr 2021, als sieben Milliarden Euro genannt wurden. Für den Preissprung jetzt nannte der Abteilungsleiter im bayerischen Verkehrsministerium, Alexander Bonfig, zwei Gründe.
Zum Einen die Teuerung, die für das Gros der Steigerung verantwortlich sei. Von 2021 auf 2024 ist das Bauwerk allein durch die Verteuerung von Energie und Material wie etwa Baustahl infolge des Ukrainekriegs um 1,678 Milliarden Euro teurer geworden. Allein den Anstieg der Bau- und Materialpreise beziffert die Deutsche Bahn auf 32,5 Prozent. „Hierfür kann man beim besten Willen die Bahn nicht verantwortlich machen“, sagte Bonfig im Unterausschuss des Landtags. Dieser Ausschuss ist extra für den 2. Tunnel eingerichtet worden.
Zum Zweiten ist das Bauwerk aber auch risikobehaftet. Wenn es zum Beispiel bei der Bauwasserhaltung überraschende Probleme gibt, lässt das die Kosten steigen. Der Risikozuschlag klettert von knapp 1,4 Milliarden Euro um 632 Millionen auf jetzt zwei Milliarden Euro. Das ergibt unter dem Strich die neue Summe. Als gute Nachricht wurde im Ausschuss gewertet, dass sich am Terminplan nichts geändert hat. Nach wie vor werden als Zeitspanne für die Inbetriebnahme der 2. Röhre die Jahre 2035 bis 2037 genannt. Allerdings werde man erst in drei bis vier Jahren sagen können, ob der Zeitplan zu halten sei.
Auch die Kostenaufteilung ist wie gehabt. Bund und Freistaat tragen das Gros der Kosten. Er rechne damit, dass letztendlich der Freistaat „ungefähr“ 50 Prozent des Tunnels zahlen werde, sagte der Ausschuss-Vorsitzende Jürgen Baumgärtner (CSU). Eher verhalten fielen die Reaktionen der Landtagsabgeordneten aus. Markus Büchler (Grüne) nannte die neuen Zahlen „nicht überraschend“. Alarmierend sei aber, dass sich der Risikozuschlag erhöht habe, ohne dass bisher mit der Hauptbaumaßnahme – der Tunnelbohrung – begonnen worden wäre. In einer Pressemitteilung legte Büchler nach und machte der CSU schwere Vorwürfe. Sie allein habe hier „sehenden Auges“ Geld versenkt – „und ganz Bayern zahlt die Zeche“. Der Münchner Arbeitskreis „Attraktiver Nahverkehr“ sprach von einem „Fass ohne Boden“ und wies darauf hin: Es hätte billigere Alternativen gegeben, nämlich den Ausbau des S-Bahn-Südrings. Der Münchner FW-Abgeordnete Michael Piazolo stellte gar das Aus für das Projekt in den Raum.
Von einem Stopp des Projekts, wie noch vor dem Landtagswahlkampf, reden indes die Grünen nicht mehr. Die Bahn hat bisher 1,4 Milliarden Euro verbaut – deutlich sichtbar in Laim/Hirschgarten, am Hauptbahnhof und am Marienhof.
DIRK WALTER