Der Angeklagte aus Starnberg vor Gericht in Österreich.
Wels/Starnberg – „Ich bin der Meinung, dass nicht jede Tragödie ein Verbrechen ist und nicht jedes Opfer einen Täter hat“, sagte die Anwältin des Starnbergers, der in Österreich wegen gefährlicher Drohung gegen eine Ärztin angeklagt war. Das Landgericht Wels folgte dieser Argumentation. Es sprach den Corona-Maßnahmen-Gegner vom Vorwurf frei, die Impfbefürworterin durch Drohschreiben mit in den Tod getrieben zu haben. Der Angeklagte habe nicht vorhersehen können, dass die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr im Juli 2022 im Alter von 36 Jahren Suizid verüben würde, argumentierte die Richterin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Staatsanwaltschaft hatte dem Starnberger vorgeworfen, dass er die Angst und Verzweiflung der Landärztin mitverursacht habe. In E-Mails und Twitter-Nachrichten hatte er Kellermayr geschrieben, dass er „solche Kreaturen“ wie sie vor ein „Volkstribunal“ stellen, ins Gefängnis bringen und sie mit Gleichgesinnten beobachten werde. Der Gerichtsprozess ergab ein komplexeres Bild. Kellermayr hatte nicht nur von dem vorbestraften Mann bedrohliche Nachrichten erhalten. Ein zweiter Verfasser schickte ihr brutal formulierte Todes- und Folterdrohungen. Nach diesem Schreiber, der unter dem Namen „Claas“ auftrat, suchen die Behörden bis heute.
Der Öffentlichkeit war Kellermayr durch ihre Medien-Interviews und Online-Beiträge bekannt, in denen sie den Nutzen von Covid-Impfungen bewarb, sich negativ über Impfskeptiker äußerte und von den Drohungen gegen sie berichtete. Ob sie sich hauptsächlich von „Claas“ bedroht fühlte, und ob der Angeklagte auch einen Anteil daran hatte, konnte das Gericht nicht feststellen. Der 61-Jährige sagte, er habe die Ärztin nicht bedroht, sondern sie kontaktiert, um gegen eine drohende Impfpflicht anzukämpfen. Der Angeklagte drückte vor dem Urteil sein „ehrliches Bedauern“ über ihren Tod aus. Zugleich zog er aber auch die Bedrohungslage in Zweifel.
DPA