Dass auch Hennen Streicheleinheiten mögen, können Kinder beim Programm „Erlebnis Bauernhof“ erfahren. © A. Warmuth
München – „Ich hab heute zum ersten Mal ein Schwein gehört.“ „Ich habe gelernt, wie die Löcher in den Käse gemacht wurden.“ „Ich habe gelernt, dass das Fleisch, das wir gegessen haben, mal gelebt hat.“ Das sind Reaktionen von Schülern, die nach einem Bauernhof-Besuch mit ihrer Schulklasse befragt wurden.
Das Programm „Erlebnis Bauernhof“, das seit 2012 vom bayerischen Landwirtschaftsministerium angeboten wird und jährlich von 100 000 Grundschulkindern und Schülern der Sekundarstufe genutzt wird, kommt bei Kindern, Lehrkräften und Landwirten gleichermaßen gut an. „Das Programm ist ein wahres Erfolgsmodell“, freut sich Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU).
Das Ministerium hat das Programm in Form einer bayernweiten Befragung unter die Lupe genommen, deren Ergebnisse unserer Zeitung vorliegen. Dazu wurden 1500 Schülerinnen und Schüler, 558 Landwirte, 115 Lehrkräfte und 17 Experten von den Agraringenieuren Victoria Hollmann und Hubert Koll befragt. „Erlebnis Bauernhof“ ermöglicht kostenlose Bauernhofbesuche in der Grundschule von der zweiten Klasse an und in der Sekundarstufe bis zur Klasse 10.
Für die Agrarministerin ist das Programm eine Investition in die Zukunft. „Immer weniger Kinder und Jugendliche wachsen auf einem landwirtschaftlichen Betrieb auf. Umso wichtiger ist es, dass sie wissen, wie die Lebensmittel auf Bauernhöfen hergestellt werden.“ So würden die Kinder den Wert regionaler Lebensmittel schätzen lernen. „Sie verstehen, warum ein Liter Milch seinen Preis hat.“ Ein lebendiger Unterricht, bei dem auch Alltagskompetenzen erworben werden sollen. Was auch die Lehrer, die das Programm zu 100 Prozent weiterempfehlen, bestätigen. Die praktische Einbindung der Kinder loben sie, das hohe Maß der Anschaulichkeit und dass die Kinder direkten Kontakt zu den Tieren haben.
Die Landwirte sehen in dem Programm die Chance, Wissen weiterzugeben, die Wertschätzung der bäuerlichen Arbeit zu erhöhen und damit zur Imageverbesserung der Landwirtschaft beizutragen. Seit vielen Jahren kämpfen die Landwirte um die Anerkennung ihrer Arbeit, müssen sich zunehmend für Produktionsweisen, ihren Umgang mit Tieren und der Umwelt rechtfertigen.
Von den Hof-Besuchen erhoffen sich Bayerns Bauern, dass die Kinder an Ort und Stelle die Herstellungsverfahren von landwirtschaftlichen Produkten kennen- und schätzen lernen. 33 Prozent der befragten Landwirte begrüßen mehr als zehn Schulklassen pro Jahr auf ihrem Hof. „Ich freue mich jedes Mal neu auf die Schulklassen“, schreibt ein Bauer für die Befragung.
Die Kinder und Jugendlichen lernen nicht nur viel über regionale Lebensmittel, verschiedene Getreidesorten oder „dass das Fleisch, was wir gegessen haben, vorher gelebt hat“ – sie haben offensichtlich auch viel Spaß bei dem Ausflug aufs Land. Die befragten Experten sehen viele positive Effekte für die Schüler: eine steigende Wertschätzung für regional erzeugte Lebensmittel und für die bäuerliche Arbeit. Sie sind der Meinung, dass das Programm in Schulen noch mehr bekannt werden sollte.
Bayernweit haben sich 930 landwirtschaftliche Betriebe als „Erlebnis Bauernhof“ qualifiziert. Im Internet sind nach Landkreisen sortiert alle Höfe zu finden. Schulen können sich direkt bei den Höfen melden. Wenn die Kinder anschließend wissen, „dass man Pfannkuchen ohne Zucker machen kann“, „dass man Tiere nicht anschreien soll“, „dass Bauern sehr wichtig für das Allgemeinwohl sind“ und man „beim Einkaufen schauen soll, woher die Produkte kommen“, ist das Lernziel allemal erreicht.
CLAUDIA MÖLLERS