Der Kampf um die Millionen

von Redaktion

Die Akte Sympatex: Wurde die Unternehmer-Familie Goetz erpresst?

Otto-Erbin Ingvild Goetz mit Ehemann Stephan, den die Staatsanwaltschaft wegen Betrugs angeklagt hat. © Michael Tinnefeld/API

München – Es geht um Betrug, Untreue und Marktmanipulation: Bereits im März hatte die Staatsanwaltschaft München I Anklage gegen Stephan Goetz (69) erhoben – der erfolgreiche Unternehmensberater ist mit Kunstsammlerin Ingvild Goetz verheiratet, die der berühmten Versandhaus-Dynastie Otto entstammt. Den Ermittlungen zufolge soll Stephan Goetz mit seiner Textil-Firma Sympatex Anleger um ihr Geld betrogen haben. Die Vorwürfe weist er zurück. Doch neben dem drohenden Strafprozess, der Goetz ins Gefängnis bringen könnte, rückt nun die Unternehmer-Familie Poetis immer mehr ins Zentrum des Falles – von ihr fühlt sich die Goetz-Familie sogar bedroht.

Wie heftig der Streit hinter Kulissen geführt wird, zeigen nun geheime Dokumente des Falles. „Ist die Kugel erst aus dem Lauf, hält auch kein Gebet sie auf“, schreibt Pantelis Christian Poetis an seinen Anwalt, der offene Forderungen gegen Goetz eintreiben soll. Poetis ist Chef der Firma Powergroup in Pullach im Kreis München, die nach eigenen Angaben bereits im Jahr 2015 Geschäfte mit Sympatex gemacht und für die Firma angeblich einen Multi-Millionen-Deal mit der pakistanischen Armee eingefädelt hatte und dafür nun Provisionen verlangt.

Pikant: Erst die Anzeige der Powergroup gegen Stephan Goetz hatte 2022 die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Unternehmer ins Rollen gebracht. Diese mündeten in insgesamt zwei Anklagen, die aktuell beim Landgericht München I geprüft werden, wie Sprecherin Bettina Kaestner bestätigt. „Es handelt sich jeweils um ähnliche Vorwürfe jedoch gegen unterschiedliche Angeschuldigte.“ Für einen Strafprozess zugelassen sind die Anklagen noch nicht.

Doch die Auseinandersetzung läuft nicht nur am Gericht. Nach Informationen unserer Zeitung schrieb Poetis-Tochter Penelope an Ingvild Goetz, es sei „höchste Zeit, dass wir Frauen uns zusammensetzen“ und bot an: „Sofern unser Schaden im Sinne eines Täter-Opfer-Ausgleichs reguliert würde, könnte dies die Haft für Dr. Goetz merklich erleichtern.“ Er hatte von September 2023 bis Dezember 2024 in U-Haft gesessen. „Im selben Atemzug würden wir sofort alle zivilrechtlichen Klagen sowie die Strafanzeige zurücknehmen“, heißt es weiter in dem Brief. Otto-Erbin Goetz fasste das als Erpressungsversuch auf und erstattete Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft München I prüfte die Vorwürfe, leitete aber bisher kein Ermittlungsverfahren ein.

„Eine Erpressung gegen Stephan Goetz hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden“, stellt Poetis-Anwalt Alexander Schemmel klar. Auch eine Zahlung von Ingvild Goetz „wurde zu keinem Zeitpunkt gefordert“ – vielmehr sei angeblich nur ein klärendes Gespräch angeregt worden. Doch in dem Brief wird Ingvild Goetz wörtlich auch eine „strafrechtliche Verfolgung“ angedroht. Ihrem Mann hatte diese bereits 15 Monate in U-Haft gebracht.

In München wird der Millionen-Zoff wohl noch viele Monate toben, denn die Poetis-Seite versucht, die umstrittene Provision am Landgericht einzuklagen. Dort laufen mehrere Zivilverfahren. Ob es zum Betrugsprozess kommt, muss sich dagegen noch zeigen. „Herr Dr. Goetz wird sich gegen die Anklage verteidigen. Insbesondere hat er keine Anleger betrogen“, sagt sein Anwalt Markus Gotzens, der auch Bayern-Boss Uli Hoeneß und Alfons Schuhbeck vor Gericht verteidigt hatte.
ANDREAS THIEME

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