Eisheilige werden milder

von Redaktion

Pankratius und Co. sind im Gartenjahr wichtige Orientierung

An den kalten Tagen sollten empfindliche Pflanzen mit Vlies geschützt werden. © dpa

München – Pankratius, Servatius und Co. haben ihren Schrecken verloren. Ein Nebeneffekt des Klimawandels, erklärt Gudrun Mühlbacher, die das Klimabüro des Deutschen Wetterdienstes in München leitet. „Die Temperatur hat sich insgesamt erhöht, dadurch fallen auch die Eisheiligen meist nicht mehr so eisig aus.“ Die Klimatologin spricht lieber von „Singularitäten“ als von einer festen Regel. 2020 war zum Beispiel ein Jahr, in dem die Tage rund um die Eisheiligen in Mai äußerst frostig waren. „Dafür gab es aber auch Jahre, in denen wir es eher mit Schweißheiligen und Temperaturen um die 25 Grad zu tun hatten“, berichtet sie.

„Vor Nachtfrost bist du sicher nicht, bevor Sophie vorüber ist.“ Diese und weitere Bauernregeln warnen Landwirte und Gärtner seit Jahrhunderten vor den Eisheiligen. Wenn sie sich an den Kalender halten, treten sie vom 11. bis 15. Mai auf – meistens variiert ihr Auftritt aber ein paar Tage. Dieses Jahr sind die Eisheiligen ein paar Tage zu früh dran – und sie machen ihrem Namen keine Ehre. Kalt ist es seit dem gestrigen Sonntag bereits, die Temperaturen in Bayern werden bis zum Wochenende zwischen 11 und 16 Grad schwanken. Es wird nass und ungemütlich, aber Bodenfrost wird es laut Deutschem Wetterdienst wohl nur vereinzelt geben.

Dass der warme Frühling im Mai meist für ein paar Tage unterbrochen wird, hat mit dem Durchzug der Großwetterlagen zu tun, erklärt Klimatologin Mühlbacher. „Man muss sie sich wie eine große Perlenkette vorstellen, die sich um den Globus schwingt.“ Zu bestimmten Jahreszeiten haben wir es immer mit ähnlichen Wetterlagen zu tun. Zum Beispiel mit dem weihnachtlichen Tauwetter kurz vor Heiligabend, erklärt sie. Und im Mai eben mit Kaltluft, die von Norden zu uns wandert. „Es wird diese Woche deutlich kühler als die letzten Tage“, sagt Mühlbacher. „Aber von Eisheiligen kann man eigentlich bei fünf bis sechs Grad in der Nacht nicht sprechen.“

Für alle Profi- und Hobbygärtner sind die Eisheiligen allerdings ein wichtiger Zeitpunkt im Kalender – auch wenn die kalte Sophie milder geworden ist. „Wir schauen sehr auf diese alten Regeln“, sagt der Münchner Gartenbauingenieur Lutz Popp. Er ist Geschäftsführer des Landesverbands für Gartenbau, er und seine Kollegen weisen bei Beratungen immer auf die Eisheiligen hin. „Wer Pflanzen angezogen oder gekauft hat, sollte die Eisheiligen noch abwarten, bevor sie draußen angepflanzt werden“, sagt er. Denn die nächtliche Kälte oder sogar Nachtfrost macht ihnen schwer zu schaffen. „Einige Pflanzen lassen sich retten, wenn sie mit Vlies abgedeckt werden oder in die Nähe von Hauswänden gestellt werden“, rät er. Für die Gärtner hat der Klimawandel die Bedingungen etwas komplizierter gemacht. „Die Vegetation beginnt früher, weil es früher warm ist.“ Bedeutet aber auch, dass einige Pflanzen an den kalten Tagen im Mai schon sehr kälteempfindlich sind – und zu groß, um sie noch abzudecken. „Walnussblüten zum Beispiel – sie sind sehr empfindlich und schwer vor der Kälte zu retten“, sagt Popp. Vergangenes Jahr gab es sogar zweimal nacheinander eine Kaltfront, erinnert er sich. Die erste Ende April. „Dabei sind etliche Obstbäume schwer geschädigt worden.“ Einen Vorteil bringt die Kältefront aber mit nach Bayern, ergänzt er. Es wird nicht nur kalt, sondern zu Wochenbeginn auch nass. Und den Regen brauchen die Pflanzen nach dem sehr trockenen April dringend.
KATRIN WOITSCH

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