Ein Rotmilan zieht am Himmel seine Kreise. © dpa
Die Windräder sorgen für volle Kassen: Der Fuchstaler Bürgermeister Erwin Karg (links) und Kämmerer Gerhard Schmid. © Mergel
Fuchstal – Wenn Erwin Karg zu Hause im Fuchstal in den Himmel blickt, dann sieht er oft einen Rotmilan kreisen. Dieser Anblick ist für ihn jedes Mal eine Bestätigung. Denn Karg hatte schon vor einigen Jahren argumentiert, dass Wälder für Rotmilane kein Jagdgebiet sind. Sie fliegen dort mit anderen Geschwindigkeiten, den Blick nicht auf die Beute, sondern nach vorne gerichtet. Die Windrad-Gegner hatten jedoch befürchtet, dass es im Fuchstal bald keine Rotmilane mehr geben könnte. Entweder weil sie von Rotorblättern erschlagen werden oder weil die Anlagen den heimischen Greifvogel vertreiben.
Das ist nicht passiert, wie nun nach einem Jahr feststeht. Der parteifreie Bürgermeister betont: „Die Windräder im Leederer Gemeindewald haben keinen einzigen Rotmilan erschlagen.“ Auch das bayerische Umweltministerium bestätigt: „Kollisionen von Vögeln mit den Windkraftanlagen wurden bisher weder von den Ornithologen noch von den Kameras des Antikollisionssystems beobachtet.“
Für das Forschungsprojekt im Fuchstal hatte das Wirtschaftsministerium 1,3 Millionen Euro investiert. 2022 wurden zwei je 42 Meter hohe Türme gebaut, die mit acht Kameras ausgestattet wurden. Die Türme sind mit den Windkraftanlagen vernetzt. Wenn ein Rotmilan den Rotorblättern zu nahe gekommen wäre, hätte das Windrad automatisch angehalten. Auch andere Vögel wie Mäusebussard oder Schwarzstorch können die Kameras erkennen. Das Umweltministerium hatte die wissenschaftliche Begleitung des Projekts übernommen. Es läuft noch bis Ende 2026, erst dann werde es eine abschließende Bewertung geben, heißt es. Und die könnte auch weit über das Fuchstal hinaus Auswirkungen haben. Denn wenn belegt ist, dass Windräder keinen Einfluss auf das Flugverhalten der Greifvögel haben, könnte der Bau neuer Anlagen auch an anderen Standorten deutlich einfacher werden. In vielen Regionen kommen dafür wegen der Abstandregel zu Wohnhäusern nur noch Waldgebiete infrage. Ein Vogelmonitoring gab es bisher nur auf Freiflächen.
Bürgermeister Erwin Karg ist von den bisherigen Ergebnissen auch ohne Blick in den Himmel nicht überrascht. 2013 hatte er im Gemeindewald die ersten vier Windräder gebaut, ein Gutachten hatte fünf Jahre später belegt, dass sich die Zahl der Rotmilane im Fuchstal versechsfacht hat. Weil der Greifvogel streng geschützt ist, bedeutete das für ihn vor einigen Jahren aber noch mehr Auflagen beim Bau drei weiterer Windräder. Beispielsweise mussten die neuen Anlagen zwischen 15. März und 15. August bei Tageslicht komplett ausgeschaltet werden, um Kollisionen mit Vögeln zu vermeiden. Für die ersten vier Windräder galt diese Auflage noch nicht.
Auch wenn das Monitoring weiterläuft, hilft dem Bürgermeister die erste Bilanz bereits. Die Anlagen dürfen dank der Kameras nun rund um die Uhr laufen, berichtet er. Das wird sich für die Gemeinde finanziell lohnen – und für die Menschen vor Ort ebenfalls. Denn die Anlagen werden zur Hälfte von Bürgern betrieben. Im Jahr werden durch die sieben Windräder 50 bis 55 Millionen Kilowatt-Stunden Strom produziert. Die Rendite fließt komplett ins Dorf, sagt Karg. Im Fuchstal gibt es dank Windenergie zwei neue Kinderspielplätze und ein neues Feuerwehrauto. „Wir müssen im Gemeinderat nicht mehr lange beraten, wenn ein Verein um einen Zuschuss bittet.“
Karg sagt aber auch: „Wer in seiner Gemeinde Windräder bauen will, braucht einen langen Atem.“ Und ein dickes Fell. Karg hat viel Gegenwind aushalten müssen, heute hört er keine Zweifel mehr, dass der Bau der Windräder die richtige Entscheidung war. „Man darf sich von den Gesetzen einfach nicht ausbremsen lassen“, sagt er. Manchmal ärgert er sich aber darüber, dass die Windenergie häufig totgeredet wird. „So viele Felder sind inzwischen vollgebaut mit Photovoltaikanlagen“, betont er. „Aber im Winter, wenn wir die Energie brauchen und die Sonne wenig scheint, hilft uns das nicht weiter.“