Jubel im Würzburger Rathaussaal: Martin Heilig (Grüne) gewinnt am Sonntag die Stichwahl für das Amt des Oberbürgermeisters. © Heiko Becker/dpa
Würzburg – Kleines Polit-Erdbeben in Unterfranken: Martin Heilig (49) ist der erste Oberbürgermeister der Grünen in Bayern. Der 49-Jährige setzte sich in der Stichwahl in Würzburg klar gegen seine CSU-Konkurrentin durch. CSU-Chef Markus Söder ist leicht angefressen: „Würzburg war schade – und ärgerlich. Aber das Ergebnis ist kein Trend, sondern hat lokale Gründe.“ Man werde mit dem neuen OB ordentlich zusammenarbeiten, sagte Söder für die Staatsregierung.
Trotzdem rechnen sich die Grünen jetzt Chancen aus, bei der Kommunalwahl im März nächsten Jahres zuzulegen. Es gebe nun „sehr viel Selbstbewusstsein“, sagte Co-Vorsitzende Eva Lettenbauer. Als Beispiele nannte sie München (nominiert: Dominik Krause), Nürnberg (Britta Walthelm) und Augsburg (Aufstellungsversammlung an diesem Mittwoch). Aber auch Regensburg und Erlangen, wo Helene Sigloch und Eva Linhart bereits als OB-Kandidatinnen nominiert sind. Für Bamberg nannte sie den stellvertretenden Bürgermeister der Stadt, Jonas Glüsenkamp. In Germering setzt die Partei auf Kandidatin Sophie Schuhmacher.
Am 1. Juli tritt Heilig, der das Rathaus als Zweiter Bürgermeister schon gut kennt, sein Amt an. Am Telefon sprechen wir mit einem etwas heiseren künftigen OB – die Feier dauerte am Sonntag etwas länger.
Ist Ihr Wahlsieg der Auftakt zu einer Renaissance der Grünen in Bayern?
Ja, das könnte so sein. Es hat jedenfalls gezeigt, dass Grüne in den Städten Wahlen gewinnen können. Bei mir war es sogar ein Erdrutschsieg, darüber war ich selbst erstaunt.
Hing das vielleicht nicht damit zusammen, dass Würzburg eine Studentenstadt ist?
Na ja, wir hatten schon früher gute Ergebnisse geholt, das stimmt. Aber viele Studis sind hier ja gar nicht gemeldet und konnten nicht wählen. Also mussten schon viele Wähler jenseits des grünen Kernmilieus gewonnen werden.
Was war dann Ihr Erfolgsrezept?
Ich glaube, zwei Dinge waren entscheidend. Erstens bin ich überparteilich aufgetreten und habe versucht inhaltlich zu punkten.
Sie hatten auch kein Parteilogo auf Ihren Plakaten.
Das stimmt, ja. Für alle Würzburger da zu sein, das war meine Botschaft. Und zweitens hatten wir zum Beispiel sogenannte Würzburg-Foren zu sechs Themen, etwa zu Kunst und Kultur. Das ist irre gut angekommen. Jeder konnte sich einbringen, was für Würzburg wichtig ist. Ganz überrascht war ich, wie oft eine Begrünung der Innenstadt gefordert wurde. Würzburg ist ja eine der heißesten Städte Deutschlands – das spielte quer über alle Altersgruppen eine Rolle, das hätte ich in dieser Deutlichkeit nicht erwartet.
Den Grünen schlug zuletzt in Bayern viel Ablehnung entgegen. Wurden Sie im Wahlkampf auch angefeindet?
Nein. Bemerkenswert war der Unterschied zwischen Bundestags- und OB-Wahl. Beim Bundestagswahlkampf wurden unsere Plakate sehr oft zerstört, bei der OB-Wahl nicht. Erst am Schluss, als die CSU merkte, dass sie verlieren könnte, gab es einige Schmutzeleien. Aber wir haben uns nicht darauf eingelassen.
Was kann München von Würzburg lernen?
Es ist gut angekommen, ruhig und sachlich zu bleiben, nicht den Gegner anzugreifen, sondern positiv zu kommunizieren. Alles andere stärkt nur die Extreme. Und das ist vielleicht übertragbar auch nach München.