Eine ganze Großfamilie aus Osterinselköpfen hat Franz Eder geschnitzt. Die Figuren stehen bei Haag in einem Waldstück. © Oliver Bodmer
Maitenbeth – Eigentlich ist Franz Eder (67) aus Maitenbeth im Kreis Mühldorf keiner, der gerne in die Ferne schweift – obwohl er 21 Jahre lang dafür sorgte, dass andere es können. Der gelernte Automechaniker arbeitete als Vorfeldaufsicht am Flughafen. In einem schwarz-gelb-karierten Auto sicherte er das Vorfeld der Start- und Landebahnen ab. Dabei hatte er auch mal den damaligen US-Präsidenten Bill Clinton oder die Hotelerbin Paris Hilton in seinem Kleinbus chauffiert.
„Ich selbst hatte nie groß das Verlangen, weit weg zureisen“, erzählt der Ruheständler. Die Hochzeitsreise führte über Caracas mit einer Boeing 727 auf die Karibikinsel Isla Margarita. „Das hat uns so durchgebeutelt, dass ich genug vom Fliegen hatte.“
Dafür flog ein befreundeter Pilot eines Tages auf die chilenischen Osterinsel im Pazifik, bekannt für ihre riesigen Steinköpfe, die einst auf rätselhafte Weise von verschwundenen polynesischen Bewohnern vor hunderten von Jahren errichtet wurden. „Ich hatte vor 15 Jahren einen Schnitzkurs gemacht und große Holzschwammerl, Eichkatzl oder Bussarde mit der Motorsäge aus Baumstämmen geschnitten“, erzählt Eder. „Dann kam der Freund aus dem Urlaub zurück, wo ihn die Moai-Köpfe schwer beeindruckt hatten. Er sagte mir: ,Franz, das kannst du doch auch!‘“
Eder nahm sich einen Stamm und fing an zu sägen, und sägte, und sägte, und schon war der erste oberbayerische Moai-Kopf fertig. Mittlerweile sind es an die 70, die meisten stehen in Eders Waldstück nahe Kirchdorf bei Haag. Sie blicken über die Haager Burgtürme und die Voralpenlandschaft bis zur Zugspitze. „Ich hab mir das Waldstück mit dem Acker vor 25 Jahren gekauft“, erzählt Eder. Es ist sein persönliches Refugium: „Wenn ich hier im Wald arbeite, bin ich frei, da kommen mir meine Ideen.“
Die Grillen zirpen, während der Schnee in der Sonne auf den fernen Gipfeln schimmert. Eder wirft die Motorsäge an und legt sie an einem Stamm an: „Erst mache ich den Kopf oben rund, dann legt der erste Schnitt den Gesichtsausdruck fest.“ Schneidet er ihn schräg von oben nach unten, schaut der Moai-Kopf freundlich, sägt er anders herum, runzelt er die Stirn. Dann wird die Nase frei geschnitten, schließlich kommen Mund und Kinn dran – fertig ist der Osterinsel-Kopf. Eder stellt die Kunstwerke an seinem Grundstück in einer Reihe auf, manchmal verkauft er auch eines. Und manchmal verschwindet auch einer der bis zu 150 Kilo und zwei Meter hohen Holzköpfe. „Die bekommen über Nacht plötzlich Beine“, sagt er.
Zufrieden schaut Eder über seine Figuren und die Alpenkette – und holt drei geschnitzte Enzian-Blüten aus dem Schuppen. Der Motorsägen-Schnitzer kann auch filigran. Dann wird er doch nachdenklich: „Wir haben drei eigene Kinder und zwei Pflegekinder. Doch keines von ihnen begeistert sich für mein kleines Paradies.“
Aber es gibt Hoffnung: Der jüngste Neuzugang ist gerade mal 18 Monate alt. Vielleicht wird aus ihm mal das nächste Schnitz-Genie.