Partizipation ist ein wichtiges Wort. Es meint Teilhabe. Alle sollen überall mitreden und entscheiden, sollen an allem partizipieren können. Eine an sich schöne, basisdemokratische Idee. Deshalb gehe ich als ordentliche Demokratin auch zur Wahl und zu sämtlichen Volksentscheiden. Der Rechtsstaat braucht seine Bürgerinnen und Bürger. Er braucht ihre engagierte Beteiligung.
Allerdings bezweifle ich, ob es gut ist, wenn jeder – mich eingeschlossen – seinen Senf zu allem gibt. Ich weiß nicht einfach alles besser und schon gar nicht immer. Warum nicht Fachleuten vertrauen, den Menschen, die sich lange mit Herausforderungen und Problemen beschäftigt haben und zu einer sorgsam reflektierten Entscheidung gekommen sind? Ich höre mir ihre Argumente an, denke darüber nach und diskutiere gegebenenfalls mit.
Auf jeden Fall verzichte ich darauf, aus dem hohlen Bauch irgendeine gefühlsbasierte Meinung rauszuhauen. Momentan jedoch treibt mich der Gedanke der Teilhabe wieder besonders um – auch emotional. Denn trotz der vielfältigen Bemühungen, den öffentlichen Nahverkehr barrierefrei zu gestalten, gibt es immer wieder Orte, an denen Menschen, die Einschränkungen haben, sich unnötig abplagen müssen.
Eine alte Dame steht verzagt mit ihrem Stock vor der U-Bahn-Rolltreppe, die nicht geht. Die Frau, die den Rollstuhl ihres Vaters schiebt, sucht vergeblich nach einem Lift. In der S-Bahn werden per Durchsage gehbehinderte Fahrgäste gebeten, an einer bestimmten Haltestelle nicht aus-, sondern lieber vorher umzusteigen. Sonst kommen sie dort, wo sie eigentlich hinwollen, nicht vom Bahnsteig runter. Und das gilt für ein ganzes Jahr…
Technik kann ausfallen. Motoren müssen überholt werden. Aber Partizipation – da geht es um Rechte. Es geht zugleich darum, ausgrenzende Exklusivität abzulehnen. Da hilft es nichts, nur „barrierefrei“ zu rufen und entsprechende Schilder anzubringen. Wir brauchen neben menschenfreundlicher Architektur und Technologie vor allem Menschen, die in öffentlichen Bereichen schnell erkennen, was schiefläuft, und sofort für Abhilfe sorgen.
Partizipation heißt, nicht bloß davon zu schwadronieren. Sondern zu handeln. Jeder hat Beistand nötig, jede kann ihn geben. Sozialität gehört zum Miteinander: Fürsorge, Zuwendung, Unterstützung – auch an Haltestellen, in Aufzügen, auf Bahnsteigen und Parkplätzen. Im Leben kommt einem vieles abhanden und geht verloren. Die Achtung vor menschlicher Würde darf es nicht sein. Sie ist Maßstab für eine wirklich humane Gesellschaft.