DAS PORTRÄT

Die Kurierin mit lebensrettender Fracht

von Redaktion

Anne-Kristin Sturm aus Riegsee. © Constanze Wilz

Wenn Anne-Kristin Sturm unterwegs ist, hält sie manchmal eine Chance auf Leben in den Händen: Die Riegseerin ist ehrenamtlich als Stammzellen-Kurierin tätig.

Bei einem Botendienst ist Anne-Kristin Sturm immer am Handy erreichbar – außer im Flugzeug. Sie versendet einfache Zahlencodes, womit sie ihr Auftrags-Unternehmen über jede erfolgreich absolvierte Etappe informiert. In einer braunen Umhängetasche befindet sich ein wertvolles Transportgut, das die 56-Jährige aus Riegsee (Landkreis Garmisch-Partenkirchen) keine Sekunde aus den Augen lässt: Stammzellen-Spenden. Als ehrenamtliche Botin holt Sturm diese kostbare Fracht direkt dort ab, wo sie dem Spender entnommen wurde. Dann geht es auf direktem Weg zum Patienten. Beide Seiten lernt Sturm nie persönlich kennen. Die Spende überbringt sie den zuständigen Ärzten. Diese prüfen die Stammzellen gründlich. Daraus sollen gesunde Blutzellen entstehen, die für Leukämie-Patienten eine Heilungschance bedeuten. Dabei wird deren Immunsystem durch eine aggressive Chemotherapie heruntergefahren – zusätzlich zur Bestrahlung. So will man den Körper auf einen krebsfreien Neustart vorbereiten.

Anne-Kristin Sturm hat selbst eine bewegende Krankheitsgeschichte: Nachdem sie eine neue Niere bekommen hatte, gab man ihr noch acht Jahre zu leben. Das ist mittlerweile 30 Jahre her. Dafür ist die Riegseerin täglich dankbar. Der Kurierdienst ist eine Herzensangelegenheit für sie, obwohl die Tätigkeit stressig ist: Um die Spende zu überbringen, hat Sturm 72 Stunden Zeit. Der Inhalt muss gekühlt werden und darf bei der Flughafen-Kontrolle unter keinen Umständen geröntgt werden. Dieser Punkt bereitet Sturm immer wieder Sorgen. Einmal diskutierte sie auf dem Weg nach Teheran mit einem türkischen Beamten am Flughafen. Dank ihrer Vehemenz konnte sie das Transportgut trotz Sprachbarriere schützen. Sie nimmt ihren Job sehr ernst. Einmal pro Monat geht es für sie quer über den Globus auf Botengang: Teheran, Sydney, Oslo, Toronto. Nach der erfolgreichen Übergabe bleibt sie oft noch auf eigene Kosten vor Ort. Ihre Eindrücke hält Sturm fotografisch fest. Sie lebt nach dem Motto: „Schau dahin, wo das Gute ist.“
CONSTANZE WILZ

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