Grummeln an der Grenze

von Redaktion

Zwei Spuren statt vier: Auf der Saalbrücke in Freilassing staut sich der Verkehr wegen der Kontrollen oft. © Michael Hudelist

Kiefersfelden/Freilassing – Offene Kritik aus der bayerischen Wirtschaft an der Politik der CSU – das ist selten. Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer der IHK München und Oberbayern, hat die Grenzkontrollen kritisiert, die der neue Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) Anfang Mai verschärft hatte. Der Umsatz im Handel, bei der Gastronomie und bei den Hotels sei bis zu einem Fünftel zurückgegangen, sagt Gößl. „Unternehmen berichten uns von über einstündigen Verzögerungen und Unsicherheiten im Lieferverkehr sowie von deutlichen Verspätungen der Grenzpendler.“ Er forderte mehr Augenmaß in der Abwicklung der Kontrollen und eine verträglichere Umsetzung.

Der Hotel- und Gaststättenverband kann die Umsatzverluste nicht bestätigen. „Wir hören keine Klagen von Gastronomen und Hoteliers aus den Grenzregionen“, sagt der Dehoga-Landesgeschäftsführer Thomas Geppert. Es gebe ohnehin nicht viel grenzüberschreitenden Gastro-Verkehr, berichtet er. Und die, die zum Essen nach Bayern fahren, würden an der Grenze nicht abgewiesen.

Noch sei es zu früh, um Umsatzeinbußen feststellen zu können, sagt Daniel Beutel, Pressesprecher im Rathaus Freilassing. Was sich aber schon nach gut zwei Wochen bemerkbar mache, ist der Frust der Bürger, berichtet er. In den Sozialen Medien, aber auch per E-Mail würden viele Freilassinger ihren Ärger darüber abladen, dass sie regelmäßig im Stau stehen, wenn sie von Freilassing über die Saalbrücke nach Salzburg oder zurück wollen. Zwei der vier Spuren seien nun für die Kontrollen gesperrt. Bislang war es eine Spur und der Verkehr sei nicht durchgehend kontrolliert worden, berichtet Beutel. Immer wieder komme es nun rund um die Saalbrücke zu Staus. „Viele Österreicher überlegen sich deshalb gut, ob sie zum Einkaufen oder Essengehen nach Freilassing fahren.“

Das bestätigt Anni Klinger, die Vorsitzende des Wirtschaftsforums Freilassing. Einzelhändler und Gastronomen aus der Region berichteten ihr von massiven Umsatzeinbußen, Klinger spricht von bis zu 33 Prozent. „Viele Salzburger kommen nicht mehr.“ Eigentlich sei man in fünf Minuten in Freilassing, durch die Kontrollen und die dadurch verursachten Staus würde es jetzt manchmal eine Stunde dauern. Darunter leiden auch Handwerker oder Lastwagenfahrer, berichtet Klinger. „Sie verlieren unterwegs jetzt viel Zeit.“ Und für die Freilassinger bedeuten die intensiven Kontrollen einen Verlust an Lebensqualität, fügt sie hinzu. „Wir sind im Grenzgebiet eng zusammengewachsen.“ Seit Anfang Mai überlege sie sich nun aber jede Fahrt ins Nachbarland gut.

Keine zehn Kilometer von Freilassing entfernt liegt die Gemeinde Ainring. Dort gebe es durch die Kontrollen überhaupt keine Beschwerden, berichtet eine Rathaussprecherin. Auch Staus seien selten. Ähnlich entspannt beobachtet Hajo Gruber, was an der Grenze passiert. Er ist Bürgermeister in Kiefersfelden, von dort aus ist man in zehn Minuten im österreichischen Kufstein. Das war vor den verschärften Kontrollen so und jetzt noch immer, sagt Gruber (Unabhängige Wählergemeinschaft). Er hat sich gezielt bei Gastronomen und Spediteuren erkundigt. „Sie spüren kaum eine Veränderung.“ Die Kontrollen würden mit gutem Auge durchgeführt, sagt Gruber. „Der Einfluss auf den Verkehr ist bei uns sehr gering.“ Aus seiner Sicht sind Dobrindts Verschärfungen vor allem Symbolpolitik.

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