Die wichtigsten Merkmale der Feldspitzmaus. © Landesamt für Gesundheit
Pfaffenhofen – Vorige Woche hat der Pfaffenhofener Landrat Albert Gürtner (FW) erfahren, dass ein Mann in seinem Landkreis an einer sehr selten Erkrankung gestorben ist. Am Borna-Virus, medizinisch korrekt als BoDV-1 Enzephalitis bezeichnet. Der Familienvater aus Pfaffenhofen hatte keine Chance: Die Krankheit löst schwere Gehirnentzündungen aus, in fast allen bekannten Fällen endete sie tödlich. Auch bei dem Mann Mitte 50. Als Gürtner am Montag informiert wurde, dass ein weiterer Infizierter aus Pfaffenhofen auf der Intensivstation im Klinikum Ingolstadt liegt, ging es schnell: „Wir haben die Bevölkerung so bald wie möglich informiert, damit nicht die Gerüchteküche anfängt zu brodeln.“
Massenweise Anrufe panischer Bürger im Landratsamt blieben am Dienstag aus, aber die Verunsicherung im Landkreis ist dennoch groß. Viele in der Region denken jetzt an die tragischen Fälle von zwei Kindern, die allein im Landkreis Mühldorf am Borna-Virus gestorben sind. Dort fanden auch umfassende Studien statt, um mehr über die Krankheit zu erfahren.
Das BoDV-1 kommt in der Feldspitzmaus vor. Die Tiere scheiden das Virus in Urin, Kot und Speichel aus, heißt es beim Landesamt für Gesundheit (LGL). Wie genau das Virus auf den Menschen übergeht, ist noch nicht geklärt – denkbar ist die Aufnahme des Virus über verunreinigte Lebensmittel oder Wasser oder eine Schmierinfektion über kontaminierte Erde.
Schon im frühen 19. Jahrhundert fürchteten Pferdebesitzer die Krankheit, benannt wurde sie nach der Stadt Borna, wo 1894 ein ganzer Stall voller Kavalleriepferde erkrankte. Erst seit 2018 ist nachgewiesen, dass BoDV-1 auch auf den Menschen übertragbar ist. Seit 2020 ist die Krankheit meldepflichtig. Seitdem seien dem Robert Koch-Institut bis zu sechs akute Fälle pro Meldejahr übermittelt worden, ein Großteil davon in Bayern, teilt das LGL mit. Der Behörde wurden 2024 zwei Fälle gemeldet. Jetzt die beiden Fälle in Pfaffenhofen.
Wie sich die Männer infiziert haben, ist unklar. „Die Ermittlungen zu möglichen Infektionsquellen laufen noch“, so das LGL. Im Rahmen eines Projekts werden aus ganz Bayern eingesandte Spitzmäuse untersucht, darunter waren laut LGL auch einzelne Tiere aus dem Kreis Pfaffenhofen. Allerdings waren die bisher BoDV-1 negativ. Es sei bekannt, dass Feldspitzmäuse (fast) immer nur außerhalb oder ganz am Rand von menschlichen Siedlungen gefunden werden. Häufig handelt es sich um kleine Dörfer, gelegentlich aber auch größere Städte. Da beide Patienten laut Landrat Gürtner sportlich aktiv und dadurch auch viel in der Natur unterwegs waren, wird es wohl schwierig, den Infektionsweg nachzuvollziehen. Die Wohnorte der Männer liegen etwa fünf Kilometer auseinander und befinden sich jeweils in einem Stadtteil von Pfaffenhofen.
Beunruhigend ist, dass die Zahl der gemeldeten Fälle von Bornaescher Krankheit laut LGL zuletzt ansteigt – insbesondere bei Pferden. Was sich aber auch auf die Meldezahlen auswirken könnte, ist eine höhere Sensibilität und eine bessere Diagnostik. Nicht jede Hirnhautentzündung wird auf Borna untersucht, aber bei einem Patienten mit einer schweren, nicht eitrigen Gehirnhautentzündung, der zugleich im BoDV-1-Verbreitungsgebiet wohne, werden laut LGL Tests durchgeführt.
In Pfaffenhofen findet am Donnerstag eine Informationsveranstaltung statt. Wichtig ist Landrat Gürtner zu betonen, dass das Virus nicht von Mensch zu Mensch übertragbar ist. Und dass tote Spitzmäuse auf keinen Fall ungeschützt angefasst werden sollen. Von gewöhnlichen Mäusen ist das Tier deutlich zu unterscheiden: Es verbreitet einen stechenden Geruch und hat eine spitzere Nase.
CARINA ZIMNIOK