Ein Auftragskiller für den Ehemann?

von Redaktion

Prozess: Frau soll aus Habgier ein Mordkomplott geschmiedet haben

Angeklagt: Patricia S. (links) mit Tochter Cindy im Gerichtssaal. © SIGI JANTZ

Odelzhausen – Wäre dieser Mordfall nicht echt – man müsste die wohl besten Krimi-Autoren des ganzes Landes engagieren, um sich so eine bösartige Geschichte auszudenken. In Odelzhausen im Landkreis Dachau soll eine Frau versucht haben, ihren eigenen Ehemann umbringen zu lassen, um an das üppige Erbe zu gelangen – laut Staatsanwaltschaft half ihre Tochter mit und engagierte über ihren Lebensgefährten einen Auftragskiller aus Bulgarien. Gemeinsam sollen sie das Mordkomplott geplant haben. Doch das Opfer überlebte. Am Landgericht wird dem mutmaßlichen Killer-Quartett nun der Prozess gemacht.

Unglaublich, aber wahr: 2018 hatte die 58-jährige Patricia S. insgesamt 1,2 Millionen Euro im Lotto gewonnen. Doch das Geld verteilte die Hausfrau an ihre Kinder, verprasste den Rest in nur fünf Jahren und war danach laut Anklage „mittellos“. Mit ihrer 29-jährigen Tochter Cindy soll sie deshalb Freunde bestohlen und für fünfstellige Beträge Waren im Internet bestellt, aber nicht bezahlt haben.

Ende Februar 2024 sollen beide Frauen dann einen perfiden Plan gefasst haben: Weil sie laut Anklage auch durch die Betrügereien ihren opulenten Lebensstil nicht finanzieren konnten und weil sich Patricia S. ohnehin von ihrem Mann Ralf trennen wollte, planten sie, dass er „sterben müsse“, erklärte Staatsanwalt Matthias Enzler.

Doch weil die Frauen den Plan „nicht selbst in die Tat umsetzen konnten oder wollten, suchten sie nach jemanden, der diese Arbeit für sie verrichten würde“, sagte Enzler. Gemeinsam sollen sie den Lebensgefährten der Tochter dermaßen beeinflusst haben, dass er aus seiner Heimat Bulgarien für sie einen Auftragskiller suchte – Radi S. (33). Ihm zahlten die beiden Frauen laut Anklage 50 000 Euro für den Mord und reisten sogar nach Bulgarien, um den angeheuerten Verbrecher persönlich zu treffen und flogen am 15. Februar 2024 mit ihm zurück nach München.

Radi S. zog laut Anklage bei Cindys Lebensgefährten ein, wo er die Tat vorbereitet haben soll. Am 27. Februar passte er Ralf S. dann gegen 21.50 Uhr vor dessen Haus in Odelzhausen ab und griff ihn laut Anklage mit einer Axt und einem Messer an. Dreimal soll er ihn gegen den Kopf geschlagen haben – doch der Hausherr wehrte sich mit letzter Kraft. Als ein Nachbar auf den Kampf aufmerksam wurde, flüchtete der Killer. Ärzte konnten Ralf S. trotz schwerer Verletzungen noch retten – er ist mittlerweile geschieden und soll am Dienstag umfassend aussagen.

Vor Gericht schweigen die vier Angeklagten zum Prozessauftakt. Doch Psychiater Cornelis Stadtland hatte im Gefängnis mit Nikolay B. (34), Cindys Lebensgefährte, gesprochen. Der behauptete, Radi S. wollte ihm bei der Renovierung helfen und habe ihn später erpresst, sodass B. ihn zum Haus des Opfers fuhr und 30 Minuten wartete. Kurzatmig sei S. zurückgekommen und hätte erzählt, er habe Herrn S. „geschlagen“ – es gäbe „viel Blut“. Die Ehefrau hätte ihm Geld geboten, dass er den Mann „entferne“. Habgier sieht die Staatsanwaltschaft als Motiv – dafür droht den Angeklagten lange Haft.
ANDREAS THIEME

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