Bier und Bratwurst: Für viele gehört diese Kombination am Sportplatz einfach dazu. © Picture Alliance
Mammendorf/Dachau – Stefan Thurner ist im Stress. Für dieses Wochenende organisiert sein Verein, der SV Mammendorf, zum 56. Mal das große Fußball-Junioren-Pfingstturnier. 1000 Kinder reisen für vier Tage an, übernachten in Zelten. Um ihren Hunger zu stillen, wird der Grill angeschmissen. „Wie sollen wir die sonst alle verpflegen?“, fragt sich der Gesamtjugendleiter. Würstl mit Ketchup sind beliebt und bezahlbar. Die Erwachsenen im Publikum trinken dazu gerne mal ein Bier. Das soll künftig so bleiben, denn: „Sonst brechen uns im Amateurbereich noch mehr Zuschauer weg.“
Der neue Hitzeschutzplan, den das Bundesgesundheitsministerium unter anderen mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) für den Breitensport aufgestellt hat, stößt bei vielen Vereinen in der Region auf Unverständnis. Besonderer Aufreger: Im Konzept wird geraten, bei Veranstaltungen im Sommer auf Grillen und Alkohol zu verzichten. Gleiches gelte für stark zucker- oder koffeinhaltige Getränke. Man müsse alle Akteure sowie Zuschauer im Breitensport „besser vor hitzebedingten Gesundheitsrisiken schützen“. „Wer Sport treibt, muss vorsichtig sein, wenn die Temperaturen jetzt wieder steigen“, sagte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU). Mit dem neuen Maßnahmenkatalog könnten sich Vereine und Verbände auf Hitzewellen vorbereiten. Ihr Plan warnt: Egal ob im Freien oder in der Halle: Jede Sportart werde künftig „mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sein“.
Das 13-seitige Dokument listet zahlreiche weitere Empfehlungen auf. Es brauche Kriterien für den Abbruch von Spielen bei Hitze, Vorgaben für Schattenplätze, Eimer oder Gießkannen mit kühlem Wasser sowie Sonnencreme für Kinder. Warken sagte: „Jedes Jahr sterben Vorerkrankte, ältere Menschen, aber auch Sportler oder Menschen, die draußen arbeiten, wenn die Temperaturen Rekorde brechen. Darauf müssen wir uns einstellen.“
Ist das zu viel Einmischung? Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) betont derweil: Ein generelles Verbot könne weder der DOSB noch der BLSV aussprechen. „Wir appellieren an alle Vereine, verantwortungsvoll mit dem Ausschank von alkoholhaltigen und stark gesüßten Getränken wie Limonaden und Energydrinks umzugehen.“ Ebenfalls erinnere man zum Schutz der meist ehrenamtlich Engagierten daran, bei heißen Temperaturen Alternativen zu Grillveranstaltungen zu suchen oder in kühlere Abendstunden zu wechseln. „Wir werden das Konzept des DOSB auf jeden Fall aufgreifen und es an die Vereine weiter kommunizieren.“
Dort schüttelt man vielerorts den Kopf. Jonas Hoffmann etwa, Fußball-Abteilungsleiter beim TSV Dachau 1865, hält wenig davon: „Das wäre schon eine Einschränkung für uns.“ Das Sommerfest seines Vereins am 21. Juni, bei dem die Abteilungen Mitmachstationen aufbauen, werde ehrenamtlich organisiert, der Eintritt sei kostenlos. „Da ist durch den Essens- und Getränkeverkauf schon ein gewisser Umsatz da.“ Also: gutes Geld für die Vereinskasse. Schon jetzt biete der TSV auch alkoholfreie Sportcocktails an. Aber ganz zuckerfrei gehe das nicht. „Sonst kann man ja irgendwann nur noch Wasser ausschenken.“ Und das Grillen gehöre einfach zum Sommergefühl. „Das ist eine sehr emotionale Sache.“ Auch bei Spielen werden am Fußballplatz Bratwürste, Bier und Radler verkauft. Und bei Training und Turnieren achte man ohnehin auf Pausen im Schatten. Kurz: „Wir sehen keine Notwendigkeit, was zu ändern“, sagt der 30-Jährige. Ähnlich sieht das Mirko Naumann, Vorsitzender beim TuS Geretsried: „Wir hatten schon immer einen verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol und der Gesundheit unserer Leute“, sagt er. Dazu brauche man keine Hinweise von oben.
Auch die CSU verbittet sich Einmischungen, wenn auch in höflichen Worten – Warken ist ja zumindest in der CDU. Hitze sei natürlich ein Problem etwa im Bereich von Krankenhäusern und Pflege, sagt Klaus Holetschek, Fraktionschef der CSU und früher selbst Gesundheitsminister. Bei Sportevents sei die Sache anders. Viele Vereine hätten genug Erfahrung beim Organisieren und seien „verantwortungsbewusst genug, um das selber einschätzen zu können“. Holetscheks Ansage: „Sport, Essen und diverse Kaltgetränke gehören bei uns in Bayern einfach dazu – und das soll auch so bleiben.“
M. KADACH/ C. DEUTSCHLÄNDER