München – Das Thema Wechseljahre betrifft alle Frauen – „dennoch ist diese Lebensphase noch immer mit einem Tabu belegt“, bedauert die Bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach. Auf Einladung der AOK Bayern und ihrer CSU-Parteikollegin Emmi Zöllner, Bundestagsmitglied und Vorsitzende des Vereins Health Care Bayern, versprach Gerlach am Mittwochabend bei einer Pressekonferenz zum Thema Wechseljahre, für ein breiteres Verständnis für diesen natürlichen Lebensabschnitt werben zu wollen.
Von den rund neun Millionen Frauen in Deutschland zwischen 45 und 55 Jahren, die sich derzeit in den Wechseljahren befinden, hat ein Drittel schwere Beschwerden, betonte Prof. Marion Kiechle. Dies kostet die Wirtschaft „einen ganz schönen Batzen Geld“, rechnete die TUM-Gynäkologie-Professorin und Direktorin der Frauenklinik am TUM Klinikum vor: „Nach einer Schätzung verursachen unbehandelte Wechseljahresbeschwerden 40 Millionen Fehltage pro Jahr und diese verursachen wirtschaftliche Einbußen von 9,4 Milliarden Euro jährlich.“ Kiechle zitierte auch eine Studie, nach der 24 Prozent der Frauen wegen Wechseljahresbeschwerden ihre Arbeitszeit reduzierten und zwölf Prozent der Frauen deshalb sogar auf eine Beförderung verzichteten.
Hitzewallungen, Konzentrationsprobleme und Schlafstörungen gehören zu den wichtigsten Symptomen. Andere, wie die negativen Auswirkungen auf die Zahngesundheit, trockene Augen, Gefäßverkalkung, Bluthochdruck und Knochenschwund seien weniger bekannt. „Hierüber zu informieren, liegt mir sehr am Herzen“, betonte Kiechle – so habe sich ihre Mutter im Alter beim Bettenmachen einen Wirbel gebrochen, da sie wegen Allergien Cortison einnehmen musste, was die Osteoporose noch zusätzlich begünstigte. „Ziel muss sein, Frauen künftig besser zu schützen“, betonte Kiechle. Und räumte mit einem Irrtum auf: Wegen einer Fehlinterpretation einer Studie aus dem Jahr 2002 seien Hormontherapien als krebserregend „regelrecht verteufelt worden“. Zu Unrecht, wie die Wissenschaftlerin klarstellte. „Verschreibungspflichtige bioidentische Hormonpräparate sind sicher und wirkungsvoll – auch gegen die vorzeitige Gefäßalterung“, betonte Kiechle. Sie forderte von der Politik, die Knochendichtemessung für Frauen ab 50 zu einer Kassenleistung zu machen. Denn das Risiko für Knochenschwund nimmt in der Menopause enorm zu – und von den sechs Millionen Menschen mit Osteoporose in Deutschland sind 80 Prozent Frauen. Weiterhin rät Kiechle allen Frauen um die 50, mittels Doppler-Ultraschall der Halsschlagadern das Alter ihrer Gefäße bestimmen zu lassen. Um die Knochen stark und die Gefäße jung zu halten, rät sie zu Krafttraining, zur Vermeidung von Übergewicht und zu täglichen Spaziergängen von mindestens 30 Minuten.
SUSANNE SASSE