DAS PORTRÄT

Begleiter für trauernde Männer

von Redaktion

Sven Zähle aus Murnau. © Constanze Wilz

Jeder Mensch geht anders mit Trauer um. Und Männer trauern anders als Frauen. Sven Zähle aus Murnau plant deshalb einen Trauer-Stammtisch für Männer.

Gefühle offen zu kommunizieren, sie anzunehmen und sich bei Bedarf Hilfe zu holen – das ist für viele Männer nicht so einfach. Daher ist ihr Trauerweg oft rational geprägt. Damit hat sich der Trauerbegleiter Sven Zähle aus Murnau (Kreis Garmisch-Partenkirchen) intensiv auseinandergesetzt. Daher weiß er auch, dass sich Männer in gemischten Gruppen eher schwertun, über so sensible Themen zu sprechen. So entstand seine Idee für einen Trauer-Stammtisch für Männer – eine kleine, diskrete Runde. Alles, was dort besprochen wird, bleibt auch dort. Man sitze locker zusammen bei Weißwurst, Brezen und Apfelschorle. Alkohol sei kein Seelentröster, betont Zähle. Er plant das Angebot zusammen mit einem Sozialpädagogen. Dabei sieht er sich in erster Linie als Zuhörer: „Ich will nur Impulse geben, bin weder Ratgeber noch Lösungsfinder.“ Im Zentrum steht das Reden, ohne unterbrochen zu werden, frei von Bewertungen. Für Zähle ist Trauer Wachstumsarbeit: „Wenn man sie unterdrückt, kann das krank machen.“

Sein Stammtisch soll verschiedene Arten der Trauer abdecken. Alle, die einen wichtigen Menschen verloren haben, sind willkommen. Egal, ob durch den Tod, weil eine langjährige Freundschaft in die Brüche ging oder ein Job verloren ging. Auch ein Beziehungs-Aus darf als Verlust betrauert werden, betont er. Einen möglichen Grund dafür, warum Männer anders trauern, sieht er in generationsübergreifenden Traumata. Dass vom Großvater bis zum Enkel ähnliche Verhaltensmuster auftreten können, sei wissenschaftlich erwiesen. Ausgangspunkt sind bedrohliche Situationen, die ein Mensch nicht allein bewältigen kann, weil es seine Möglichkeiten übersteigt. Als Beispiel nennt Zähle die Weltkriege: „Die Männer mussten töten können.“ Auf dem Schlachtfeld war kein Platz für intensive Trauer. Die Soldaten funktionierten, erlebten Schreckliches – und sprachen als Heimkehrer gar nicht bis kaum darüber. Diese Verschlossenheit aus Selbstschutz hat sich laut Zähle bewusst oder unbewusst auf die Nachkommen (insbesondere die Söhne) übertragen. Doch es gibt Wege, damit umzugehen, betont er. Wer das Schweigen bricht, könne sich neue Möglichkeiten eröffnen. Zähle hat seine Idee bereits auf der Sozialen Messe in seinem Heimatort vorgestellt. Im Herbst soll der Stammtisch starten.CONSTANZE WILZ

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