Von München in den Orbit

von Redaktion

Josef Fleischmann von Isar Aerospace schickt günstige Satellitentaxis ins All

Das Start-up baut in seiner Halle in Ottobrunn an seiner Trägerrakete. © Isar Aerospace (2)

Ein Mann mit Visionen: Josef Fleischmann, Co-Gründer von Isar Aerospace, baut Raketen für den Satellitentransport.

Ähnlich wie Uber die Taxibranche auf den Kopf gestellt hat, will das Start-up Isar Aerospace aus Ottobrunn im Kreis München mit seiner Trägerrakete Spectrum die europäische Raumfahrt revolutionieren. Sie machen dort vieles anders als etablierte Firmen und vermutlich gerade vieles richtig. Der Co-Gründer Josef Fleischmann (34) erklärt im Interview, warum Satelliten das Leben auf der Erde besser machen.

Am 30. März ist Ihre Rakete Spectrum auf der norwegischen Insel Andøya nach 30 Sekunden abgestürzt. Dennoch gilt der Testflug als Erfolg, warum?

Wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir gleich beim ersten Mal den Orbit erreichen. Dieser Testflug war ein wichtiger Schritt in der Entwicklung unserer Trägerrakete. Eine Rakete zu bauen ist extrem herausfordernd und anspruchsvoll, vor allem, wenn wie bei uns alles von Grund auf neu gedacht wird. Wir haben fast alle Systeme selbst entwickelt, konstruiert und hergestellt. Deren Zusammenspiel kann man nur teilweise vorab am Boden testen. Da muss man tatsächlich einen Start durchführen. Wichtig ist, dass wir aus den Daten lernen, um die zweite Rakete anzupassen, die schon in unserer Halle in Ottobrunn zusammengebaut wird.

Wie sind die Erkenntnisse?

Sehr ermutigend. Auf deren Basis werden wir Verbesserungen vornehmen, wie zum Beispiel die Software optimieren und Bauteile verändern. Ziel ist es, so schnell wie möglich Nutzlasten, also Satelliten, in eine Umlaufbahn zu bringen.

Das klingt sehr ehrgeizig, wird das nicht kostspielig, wenn es schiefgeht?

Natürlich ist es ambitioniert, die Firma SpaceX hat vier Testflüge gebraucht, andere brauchen zwei, andere deutlich mehr, um den Orbit zu erreichen. Unser Vorteil ist, dass unsere Rakete im Vergleich günstig ist, und dass auch Satelliten nicht mehr so groß, schwer und teuer sind wie früher. Das Risiko ist also kalkulierbar.

Salopp gesagt, erfinden Sie ein günstiges Satellitentaxi. Auf Ihrer Firma liegen große Hoffnungen von privaten Unternehmen, aber auch der Nato Innovation Fund hat in Sie investiert. Warum ist der Bedarf so groß?

Satelliten werden immer kleiner und günstiger, viele Firmen wollen die Technik für sich nutzen. Früher konnten es sich nur fünf bis zehn Firmen in Europa leisten, Satelliten zu bauen und zu starten. Die neuen Möglichkeiten haben zu einem Boom in der Raumfahrtindustrie geführt. Da geht es z. B. darum, Waldbrände aus dem All zu entdecken, die Hälfte aller Klimadaten werden aus dem All generiert. Es geht um GPS-Navigation, Beobachtung des Wetters, weltweite Kommunikation, bis hin zu Aspekten der militärischen Sicherheit, die immer wichtiger werden. Bei dieser Art von Raumfahrt geht es darum, das Leben auf der Erde positiv zu beeinflussen.

2018 haben Sie sich selbstständig gemacht und über 400 Millionen Euro an privatem Kapital gesammelt. Warum ist München der optimale Standort?

Eine Rakete ist ein komplexes Produkt, gerade wenn man alles neu entwickelt. Das klappt nur, wenn die Voraussetzungen stimmen: In der Studentengruppe haben sich die ersten 20 Mitarbeitenden kennengelernt. Heute sind wir über 400. In München finden wir gut ausgebildete Leute. Es gibt eine starke industrielle Basis, falls ich was zukaufen muss. Wir haben alle hart gearbeitet und können wirklich stolz darauf sein, was wir geleistet haben. Wir sind ein komplett privat finanziertes Raumfahrtunternehmen – ein Novum in Europa. Unser Ziel ist es, langfristig ein großer Player zu werden.

Sie machen vieles anders: Flüssiger Sauerstoff und Propan als Treibstoff, Teile aus Karbonfaser und dem 3D-Drucker – ist das ein Erfolgsgeheimnis?

Bei uns ist alles in einer Hand: von den ersten Ideen, der Entwicklung, Konstruktion, Herstellung, Tests und letztendlich auch den Starts. Wenn ich jeden einzelnen Schritt kenne, weiß ich, an welchen Schrauben ich drehen muss, um die Rakete am Ende günstig und sicher zu machen. Für die Herstellung nutzen wir bewährte Techniken z.B. der Autoindustrie. 3D-Druck ist extrem flexibel, unsere Stückzahlen sind sehr günstig, wir setzen stark auf eine automatisierte Fertigung. Auf diese Art können wir am Ende unsere Dienste zu einem deutlich niedrigeren Preis anbieten.

In Andøya gibt es nun einen Weltraumbahnhof auf europäischem Festland, wie kommt Ihre Rakete dorthin?

Unsere Rakete, die ja 28 Meter lang ist und zwei Meter im Durchmesser misst, besteht aus zwei großen Teilen. Dann passt sie genau in einen Container und kann per Laster oder später per Schiff nach Norwegen transportiert werden.

Würde es Sie reizen, auch mal ins All zu fliegen?

Wer hat diese Ambitionen nicht? Ich kann mir das für später einmal durchaus vorstellen – allerdings in einer Rakete mit ein bisschen mehr Platz.

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