So lebte Familie Feuerstein wirklich

von Redaktion

Die Leiterin des Steinzeitdorfes Lejla Hasukic mit Redakteur Johannes Welte, der die Kopie eines Steinzeithutes trägt.

Brot backen wie in der Steinzeit: Museumsmitarbeiterin Anja Schmilinsky zeigt, wie das geht. © Marcus Schlaf (2)

Pestenacker – Wenn Kinder das Steinzeitdorf im Westen des Landkreises Landsberg besuchen, sind sie oft erst einmal enttäuscht. „Sie glauben, dass es hier Mammuts und Saurier gibt“, sagt Museumsleiterin Lejla Hasukic. Kein Wunder, stammt doch viel Vorwissen über die Steinzeit aus den Trickfilm-Abenteuern der Familie Feuerstein. Hasukic klärt auf: „Mammuts waren schon ein paar tausend Jahre ausgestorben, bevor unser Dorf entstand – und die Saurier schon 65 Millionen Jahre vorher.“

1934 wurden bei Bauarbeiten Bohlenböden im moorigen Talgrund neben dem „Verlorenen Bach“ entdeckt. Erst zwischen 1988 und 1993 sowie zwischen 2000 und 2004 wurden die hölzernen Fundamente von 17 Gebäuden aus dem Jahr 3496 vor Christus systematisch untersucht. „Man konnte die Hölzer anhand ihrer Jahresringe dendrologisch genau datieren“, sagt die 38-jährige Museumsleiterin. „Es waren Pfahlbauten, die man auf die in den moorigen Untergrund gerammten Pfosten baute.“ Auf die Pfosten wurden Bohlenböden gelegt, die man mit Stampflehm befestigte. Die Wände waren aus Brettern oder geflochten und teils mit Lehm verputzt. „Wie die Dächer aussahen, ist nicht gesichert, aber wir haben bei der Rekonstruktion der Häuser Reet-Dachdecker aus Norddeutschland geholt.“

Vor 20 Jahren wurde das erste Museums-Steinzeithaus errichtet, voriges Jahr kamen zwei weitere dazu. 2021 wurde das Freilichtmuseum eröffnet, das mit einer Ausstellung in einem modernen Bau ergänzt wurde. „Das erste Dorf wurde innerhalb kurzer Zeit erbaut, was darauf hindeutete, dass die Bewohner an diese Stelle hergezogen waren.“ Ursprünglich stammte die Bevölkerung, die die Landwirtschaft mitbrachte, aus dem heutigen Vorderasien. Ihre Lebensweise setzte sich gegen die hiesige Jäger- und Sammlerkultur durch. Nach nur vier Jahren brannte das Dorf nieder, um für weitere 15 Jahre wieder aufgebaut zu werden. Danach zogen die Menschen weiter. „Wohl, weil das Holz, das sie brauchten, im Umfeld gefällt war“, sagt Hasukic.

Die Forscher fanden auch die Reste von Lehmöfen, in denen die Bewohner Brot buken. Pfeilspitzen, steinerne Äxte und Sensen sowie ein Dolch aus Feuerstein wurden ebenfalls entdeckt. Feuerstein wurde bis aus Norditalien importiert, verarbeitet und zum Funkenschlagen fürs Feuermachen benutzt. Im Museum sind einige dieser Geräte zu sehen, auch nachgeflochtene Sandalen und ein Steinzeit-Hut aus Bast.

Die Siedlung gehört zur „Altheimer Kultur“, die für Pfahlbauten am Bodensee und Starnberger See bekannt ist. „Pestenacker ist die am besten erhaltene Siedlung“, sagt die Archäologin. Sie gehört heute zum Unesco-Welterbe. Wie die Menschen damals lebten, wird durch experimentelle Archäologie erforscht. Ihre Handwerkstechniken können auch Kinder und Erwachsene bei den Workshops „Steinzeit zum Mitmachen“ im Museumsdorf ausprobieren. „Die Teilnehmer stellen Schmuck oder Textilien aus Schnüren und Flachs her.“

Das Steinzeitdorf

Adresse: Hauptstr. 100, 86947 Weil-Pestenacker. April bis Oktober mittwochs von 8 bis 12 Uhr sowie Freitag, Samstag und Sonntag 13 bis 17 Uhr.

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