Schlechte Note für Radlwege

von Redaktion

Fahrradklima-Test: Neuried kriegt bestes Zeugnis

Die Schwanthalerstraße gilt wegen der vielen Baustellen gerade als einer der gefährlichsten Radwege Münchens. © Schlaf

München – Seit über 100 Jahren verbindet Neuried und Gauting im Würmtal ein Radweg. Ein gewisser Freiherr von Rotenhahn hatte ihn anlegen lassen, bevor Autos ihn als ausgebaute 7,5 Meter breite Kreisstraße eroberten. Am Radler flitzten die Autos danach mit wenig Abstand vorbei, wenn dieser aus Furcht nicht den Umweg durch den Wald nahm. Jahrzehnte kämpften Bürger für einen Radweg – für Berufspendler und Schulkinder. Vier Millionen Euro teuer und 2,5 Meter breit – mitten in der Pandemie geschah das Radweg-Wunder.

Das könnte nun dafür gesorgt haben, dass Neuried im Fahrradklima-Test 2024 das beste Ergebnis im Freistaat eingefahren hat. Seit 2012 bewertet der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) alle zwei Jahre die Zufriedenheit der Radfahrer in deren Kommune. Die Ergebnisse der Umfrage vom vergangenen Herbst sind seit gestern offiziell. Rund 32 000 Teilnehmer stellten 161 Kommunen ernüchternde Zeugnisse aus. In der Schule wären demnach viele versetzungsgefährdet.

Die Durchschnittsnote liegt bei 3,92. Neuried steht mit der Note 3,04 in der Kategorie der Ortschaften mit unter 20 000 Einwohnern also mehr als solide da – und belegt bundesweit Platz 12. „Ich kann mir vorstellen, dass der Radweg nach Gauting punktet“, sagt Bürgermeister Harald Zipfel (SPD). Er sei viel befahren, auch von Ausflüglern. „Der neue Radweg ist sechs Kilometer lang und verläuft gesondert neben der Kreisstraße. Da kann man entspannt mit Kindern fahren und im Biergarten Forst Kasten einkehren.“ Zipfel weiß, wovon er spricht. Er ist selbst leidenschaftlicher Radler. „Vielleicht hat der Bauhof hier auch deshalb ein Auge darauf, dass Radwege sauber und im Winter gut geräumt sind“, witzelt der 64-Jährige, spricht damit aber wichtige Punkte aus der ADFC-Umfrage an.

Die Gesamtnote einer Kommune ergibt sich aus 27 Einzelfragen in den fünf Kategorien Fahrrad- und Verkehrsklima, Stellenwert des Radverkehrs, Komfort, Infrastruktur des Radverkehrsnetzes sowie Sicherheit. Die nüchterne Bilanz zog gestern ADFC-Landesvorsitzende Eva Mahling: „Bayern ist noch weit entfernt davon, ein echtes Fahrradland zu sein, trotz leichter Verbesserungen im Angebot für Leihräder und Abstellanlagen.“

78 Prozent aller Befragten klagen, dass sie oft zu eng überholt würden. „Messungen mit Bike-Sensoren bestätigen, dass bis zu 70 Prozent der Überholvorgänge mit einem Abstand von unter eineinhalb Meter passieren.“ 1,5 Meter gelten innerorts, außerorts zwei. „Das ist ärgerlich, denn das Sicherheitsgefühl steht an Platz 1 der Radfahrer-Bedürfnisse. Gefolgt davon, auf breiten, hindernisfreien Wegen zu fahren“, sagt Mahling. Über 60 Prozent der Befragten seien jeden Tag mit dem Rad unterwegs. „Für sie ist das ein Ärgernis, aber für alle, die noch nicht regelmäßig aufs Rad steigen, ein echtes Hemmnis.“

München (Note 3,89) liegt auf Platz 5 der fahrradfreundlichsten Großstädte Bayerns, gefolgt von Nürnberg (Note 3,99). Den Münchnern gefällt, dass sie heute viele Einbahnstraßen im Gegenverkehr nutzen können und dass es viele Leih-Angebote gibt. Kritisch sei, dass Radl im ÖPNV oft keinen Platz haben. Note 5 gab es für „Falschparker-Kontrolle auf Radwegen“ und „Breite der Radwege“. „Zu schmale und zugeparkte Radwege sorgen für einen konstant hohen Stresspegel“, sagt Mahling.

Der ADFC rät also vielen Kommunen zum Nachsitzen. Es gibt aber auch Streber: In der Kategorie 20 000 bis 50 000 Einwohner haben sich Germering im Kreis Fürstenfeldbruck und Geretsried im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen nach oben gearbeitet: „Wir wollen mehr Geretsried in Bayern sehen“, sagt Mahling. „Man hat ernsthaft angepackt, einen Mobilitätsbeauftragten engagiert, ein Schulwegsicherungskonzept erarbeitet, Wegweiser verbessert und Abstellanlagen installiert.“ Sein Mobilitätskonzept hat auch Neuried an die Spitze katapultiert. 2022 hatten nur 66 Prozent der Befragten dort angegeben, mehr Spaß als Stress beim Radeln zu haben. Jetzt sind es 81. C. SCHRAMM

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