Drama bei Seeprozession

von Redaktion

Staffelsee: Brückeneinsturz überschattet Fronleichnam

Die Gläubigen ziehen in einer Fronleichnamsprozession über den Odeonsplatz in München. © Matthias Balk/dpa

Ein Boot der Wasserwacht vor der eingestürzten Brücke an der Bootslände in Seehausen. © Dominik Bartl

Die festlich geschmückte Fähre mit Standarten bei der Seeprozession am Staffelsee. © Andreas Mayr

Seehausen – An Fronleichnam, dem Hochfest des Leibes und Blutes Christi, zeigt die Kirche, wie prachtvoll sie feiern kann. Überall in Bayern haben gestern Prozessionen stattgefunden. Bei einer der bekanntesten am Staffelsee im Kreis Garmisch-Partenkirchen säumte heuer wieder ein Blumenmeer den Weg von Seehausen zur Bootslände. Tausende Gläubige waren in Tracht gekommen, um die Prozession zu Wasser zu verfolgen. Hunderte Boote waren auf dem See.

Doch die diesjährige Prozession wird vor allem wegen eines tragischen Unglücks in Erinnerung bleiben, das sich nur wenige Meter entfernt von der Fähre ereignet hat. Bei den Bootsanlegestellen führt eine 30 Meter lange Holzbrücke über den See – sie stürzte gestern gegen 9.30 Uhr ohne Vorwarnung ein. Laut Augenzeugen sollen sich rund 14 Menschen auf ihr befunden haben, sie fielen circa 1,2 Meter tief ins Wasser. Zudem befand sich bei Einsturz der Brücke ein 79-jähriger Seehausener in seinem Ruderboot gerade unter ihr.

Auf der Fähre waren die Schreie der Menschen zu hören. Ein Teil der Gläubigen sah auch, wie sie alle im Wasser aufeinander landeten. „Personen vom See aus haben das Unglück beobachtet und uns informiert“, sagt Seehausens Feuerwehr-Kommandant Martin Bierling. Er und sein Bruder sprangen in voller Montur ins Wasser, um zu helfen. „Ich habe den Knall erst nicht zuordnen können – erst als Hilfeschreie aus Richtung Brücke zu hören waren“, berichtet Gregor Bierling, Gruppenführer der Feuerwehr. Mit Unterstützung weiterer Ersthelfer gelang es, den schwerverletzten Senior unter den Trümmern herauszuziehen und ans Ufer zu bringen, wo er medizinisch versorgt wurde. Mit einer Platzwunde am Kopf und einer verletzten Halswirbelsäule kam er ins Krankenhaus. Seine Frau wurde leicht verletzt.

Der Großteil der Prozessionsteilnehmer auf dem See bekam erstmals nichts mit. Erst allmählich drang die Nachricht vom Unglück zu ihnen durch. Wasserwacht, Feuerwehr, Sanitäter und Notärzte rückten im Großaufgebot an. Die meisten Betroffenen hatten sich selbst ans Ufer retten können. Neben dem Schwerverletzten kam auch eine 72-jährige Urlauberin aus Thüringen ins Krankenhaus. Sie war mit dem Rücken auf einen Stützpfeiler gefallen und klagte über Rückenschmerzen. Weshalb die Pfeiler am südlichen Brückenteil nachgegeben haben, wird ermittelt. „Wir prüfen, ob es sich um eine Materialermüdung oder eine Überlastung handelt“, sagt Klaus Neuner von der Wasserschutzpolizei Murnau. Laut Seehausens Bürgermeister Markus Hörmann (CSU) war die Brücke erst vor etwa acht Jahren komplett erneuert worden. Zudem würde sie regelmäßig überprüft.

Auf dem Marienplatz in München feierten gestern währenddessen 10 000 Gläubige die große Fronleichnamsprozession. „Die Nachrichten von Krieg und Gewalt erlebe ich als Zivilisationsrückschritt ungeheuerlichen Maßes“, sagte Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising. Marx warnte vor Abschottung und Verlust der Hoffnung und erinnerte an die gemeinschaftliche Eucharistie, ans Teilen der Hostie. Die Hoffnung, so Marx, sei keine diffuse Hoffnung auf irgendeinen Gott in der Ferne, sondern auf eine Person. „Gott ist konkret geworden, als Mensch und im Brot.“ Deshalb feiern Christen seit 1264 jedes Jahr Fronleichnam.

DOMINIK BARTL ANDREAS MAYR

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