Die Spürnase bei der Arbeit: Iris Wilckens trainiert mit einem Geldsuchhund. © privat
München – Iris Wilckens hat schon an den ungewöhnlichsten Orten Geld gefunden. Dank der Spürnasen ihrer vierbeinigen Mitarbeiter. Denn die Landshuterin koordiniert bundesweit die Geldsuchhunde-Einsätze. Sie und ihre Kollegen der Freisinger Suchhundestaffel werden manchmal von den Geldbesitzern persönlich gebucht. Immer wieder kommt es vor, dass sich Menschen nicht mehr erinnern können, wo sie einen Geldumschlag versteckt haben, berichtet sie. Häufiger sind die Fälle, in denen Angehörige, Erben oder Nachlassverwalter verstecktes Bargeld in der Wohnung eines Verstorbenen vermuten, es aber nicht finden. Solange die Scheine nicht in einem luftdichten Tresor liegen, können die Spürhunde sie erschnüffeln. Je mehr Scheine, desto einfacher ist es für sie, erklärt Wilckens. „Dann ist der Geruch intensiver.“
Oft seien die Verstecke eher simpel. Im Kleiderschrank, irgendwo zwischen den Winterpullovern zum Beispiel. Die Suchhunde schnüffeln in der Wohnung los und würden in so einem Fall vor dem Kleiderschrank einfrieren. Dann weiß Wilckens, wo sie suchen muss. Wenn sie die Schranktüren öffnet, können die Hunde noch konkreter anzeigen, wo das Geld liegt. Sie sind aber darauf trainiert, nichts zu zerkratzen oder zu zerbeißen.
Die 46-jährige Hundetrainerin und ihre Kollegen sind hauptsächlich in Seniorenhaushalten im Einsatz. 4000 Euro war der größte Betrag, den Wilckens je gefunden hat. Allerdings gibt es nicht wenige Haushalte, in denen deutlich höhere Summen versteckt sind. Immer wieder nutzen das Telefonbetrüger schamlos aus und erbeuten mit Schockanrufen teils sechsstellige Summen. Allein 2023 waren es nur in Bayern 26,3 Millionen Euro. Zuletzt war ein minderjähriges Mädchen in Germering auf die Betrüger hereingefallen. Sie hatten eine Masche benutzt, die meistens bei Senioren angewendet wird: In diesem Fall hatte angeblich der Vater des Kindes einen Verkehrsunfall verursacht, nur durch eine hohe Summe als Kaution könne die Haft abgewendet werden, sagten die Betrüger. Kurz darauf übergab ihnen das Mädchen Wertgegenstände und Geld in Höhe eines niedrigen sechsstelligen Betrags – beides hatte die Familie offenbar zu Hause aufbewahrt.
Die letzte Erhebung der Deutschen Bundesbank stammt aus dem Jahr 2022. Damals gaben etwa 40 Prozent der Befragten an, Bargeld außerhalb ihres Portemonnaies aufzubewahren – etwas mehr als im Vorjahr. Bei drei Vierteln von ihnen liegt der Betrag unter 1000 Euro – bei 25 Prozent sind es aber deutlich höhere Beträge. „Befragte, die Bargeld aufbewahren, halten im Durchschnitt eine Bargeldreserve in Höhe von 1417 Euro“, heißt es von der Bundesbank. Ein Abbau dieser Reserven durch das seit 2021 deutlich gestiegene Zinsniveau sei nicht zu beobachten.
Durch die Finanz- und die Eurokrise in den Jahren 2008 bis 2010 hat die Bargeld-Hortung wie auch die Nachfrage nach Gold und Tresoren signifikant zugenommen, berichtet Klaus Kraemer, Professor für Wirtschaftssoziologie an der Uni Graz. Er forscht seit vielen Jahren zur Soziologie des Geldes. Das Vertrauen in die Banken, aber auch in Versprechen der Politik, habe abgenommen, sagt er. Empirische Untersuchungen hatten ergeben, dass die Menschen zwar virtuos mit Geld umgehen. „Sie sind damit ja von Kindheit an vertraut.“ Andererseits wissen sie nur sehr wenig darüber, wie das Geldsystem funktioniert und glauben an viele Geldmythen, sagt Kraemer. Jüngere würden weniger Geld horten, weil sie meist weniger Geld besitzen, erklärt er. „Aber auch, weil ihnen die kollektive Schockerfahrung von Inflation und Währungsreformen fehlt.“ Schon bei den Kindern der Kriegsgeneration sei diese Erfahrung verblasst, in der Enkelgeneration fehlt sie komplett.
Das nutzen Telefonbetrüger gezielt aus und rufen vor allem Menschen mit Vornamen an, die auf Senioren hindeuten. In dieser Hinsicht war der Fall in Germering eine Ausnahme – was die Höhe der Beute angeht, leider nicht.