Unterwegs in der Zille

von Redaktion

Besuch bei einem der letzten Donau-Fischer

Einer der letzten seiner Art: Fischer Lothar Ziegler in seiner Zille auf der Donau. © dpa

Neustadt an der Donau – Langsam schälen sich die Ufer klarer aus dem Dunkel der Nacht heraus. Lothar Ziegler ist auf der Donau unterwegs. Er ist einer der letzten aktiven Berufsfischer der Gegend. Sein Revier ist der Fluss um die Weltenburger Enge. Etwa fünf Flusskilometer vor der Schlucht, in Eining, herrscht beschauliche Ländlichkeit. Selbst das Tuckern der Zille – so heißen die traditionellen hölzernen Fischerboote auf der Donau – geht im Konzert der Singvögel unter.

Zu Zeiten der Römer gehörte die Donau zum „nassen Limes“. Seit Jahrhunderten wird der Fluss mit zahlreichen Begradigungen, Uferverbauungen und Staustufen für Schifffahrt und Hochwasserschutz passend gemacht. Lothar Ziegler drosselt das Tempo seiner Zille. Die silbrigen Wellen ebben ab. Hier, im Nebenfluss Abens, hat der Fischer das erste seiner fünf Stellnetze aufgespannt. Die Abens, die sich bei Eining mit der Donau trifft, zählt zum knapp 45 Kilometer großen Fanggebiet der Fischereigenossenschaft zwischen Kelheim und der Naabmündung bei Regensburg. Ziegler ist ihr Vorsitzender. Das Revier hat seit 1472 unzählige Berufsfischer mit vererbbaren Fischrechten ernährt. Doch seit etwa vier Generationen kommt kein Fischer mehr ohne zweites Einkommen über die Runden.

Ziegler selbst war lange Zeit im Handel tätig, unterbrochen durch drei Jahre als Jäger in Kanada. Jetzt übergibt der 69-Jährige die Leitung seiner Bio-Textilfirma seinem ältesten Sohn. Fischer will er bleiben. Aus Tradition, aber auch, um Gästen das Früher, Heute und Morgen eines Donaufischers aus erster Hand nahezubringen. Im Netz zappelt ein stattlicher Karpfen. Früher wäre es voller Äschen gewesen. Doch Wehre und Triebwerke haben den Fischen und dem Kiesnachschub aus den Alpen den Weg versperrt. Das nächste Stellnetz dümpelt in Schlangenlinien in der Donau. „Das war der Biber.“ Ziegler nimmt‘s gelassen. Und bei der leeren Reuse in einem sonst ertragreichen Nebenarm zuckt er nur die Achseln. So ist das eben, vielleicht hat er morgen mehr Glück. Doch dass Vielfalt und Menge des Fischbestands im Revier zurückgehen, bereiten ihm Sorge.

Mit Nachzucht dieser rar gewordenen Donaulachse und anderer Arten konnten die Fischer den Schwund nicht aufhalten. Das liegt weniger an den zugewanderten Fischräubern Kormoran und Gänsesäger, als an den Eingriffen des Menschen, sagt Ziegler. „Die Leute wissen einfach nicht, was der Fisch braucht.“ Die Behörden würden zwischen Tourismus und Naturschutz, Tradition und Zukunft kein richtiges Maß finden.

Von den nicht einmal mehr 20 Mitgliedern seiner Innung fischt nur er noch regelmäßig – und gibt nicht auf, sich für das Gleichgewicht im und am Fluss einzusetzen. Wird er wirklich der letzte seiner Art sein? Ziegler hofft, dass sein zweitgeborener Sohn das 500-jährige Familienerbe in die Zukunft retten wird.DPA

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