Neuer Agrarminister lockert Düngevorgaben

von Redaktion

Deutscher Bauerntag startet – Kurz davor schafft Alois Rainer Stoffstrombilanz-Verordnung ab

München/Berlin – Gut 80 Delegierte des Bayerischen Bauernverbands sind heute und morgen beim 93. Deutschen Bauerntag in Berlin dabei. Den Teilnehmern aus anderen Bundesländern werden sie einiges voraus haben: Sie dürften den neuen Agrarminister Alois Rainer schon ein wenig kennen; schließlich stammt der 60-Jährige aus Niederbayern.

Morgen wird sich der CSU-Politiker erstmals auf großer Bühne präsentieren. Und gestern, pünktlich vor Beginn des Bauerntags, hat Rainer im Bundeskabinett Entlastungen für die Bauern angekündigt. Beim Düngen sollen die bisherigen Vorgaben zur Dokumentation („Stoffstrombilanz“), die von der Vorgänger-Regierung 2018 eingeführt worden waren, aufgehoben werden. Größere Bauernhöfe mussten nach der bisherigen Regelung jedes Jahr eine Bilanz erstellen, wie viel Stickstoff und Phosphor mit dem Dünger, mit Futter und Saatgut in den Betrieb hineingehen. Und wie viel über pflanzliche und tierische Erzeugnisse, über Gülle und Mist wieder herauskommen.

Hintergrund war ein langer Streit mit der EU, weil in zahlreichen Regionen Deutschlands das Grundwasser zu sehr nitratbelastet sei. Der grüne Agrarminister Cem Özdemir hatte daraufhin das Düngegesetz reformiert, die EU ein Verfahren gegen Deutschland eingestellt.

Die neue Bundesregierung hatte schon im Koalitionsvertrag vereinbart, dass diese Bilanz-Pflichten gestrichen und die Bauern damit von Bürokratie entlastet werden sollen. Alois Rainer kündigte gestern im Kabinett an, dass ein „bürokratiearmer Ersatz“ erarbeitet werde. Zudem sollen auch Betriebe belohnt werden, die für das Grundwasser Gutes leisten.

Während die Landwirte das mit einer Portion Erleichterung zur Kenntnis nehmen, sind Umweltschützer und Wasserversorger alarmiert. „Der neue Agrarminister Rainer macht der Agrarlobby kurz vor dem Bauerntag mit dieser Ministerverordnung ein folgenschweres Geschenk“, empört sich der Bundesgeschäftsführer der Deutschen „Umwelthilfe“, Sascha Müller-Kraenner. Verursacher von Nitrateinträgen könnten sich aus der Verantwortung stehlen. Von der Abschaffung der Stoffstrombilanz profitiere vor allem die Massentierhaltung. Bayerns Agrarministerin Michaela Kaniber begrüßt indes die Aufhebung der Verordnung durch ihren Parteifreund Rainer. „Unsere Landwirte brauchen Luft zum Atmen. Wer jeden Liter Gülle durch eine Excel-Tabelle jagen muss, verliert die Kraft für das Wesentliche.“ Statt Misstrauen müsse es mehr Vertrauen in die Fachkompetenz der Landwirte geben.

500 Delegierte aus ganz Deutschland sind beim Bauerntag unter dem Motto „Mehr Politikwechsel wagen“ in Berlin. Diskutiert werden soll mit dem neuen Agrarminister, aber auch mit Umweltminister Carsten Schneider (SPD) über den Bürokratieabbau, die Tierwohlförderung, den Wolfsschutz, Herausforderungen im Pflanzenschutz und in der Züchtung sowie Umwelt- und Klimaschutz. „Es gilt, den Reformstau der zurückliegenden Jahre zu überwinden und den fundamental veränderten Herausforderungen gerecht zu werden“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied im Vorfeld. Spannend wird, wie der neue Agrarminister, der Metzgermeister aus Niederbayern, bei seinem ersten Auftritt vor Deutschlands Bauern ankommt.CLAUDIA MÖLLERS

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