Viele Pflegebedürftige möchten so lange wie möglich zu Hause leben. Viele können das dank der Unterstützung. © PA
In fast allen oberbayerischen Landkreisen gibt es Pflegestützpunkte, in denen Pflegebedürftige oder deren Angehörige Unterstützung bekommen. Die Mitarbeiter beraten, helfen bei Anträgen, lotsen zu den richtigen Anlaufstellen. Dietlinde Pointner ist eine von drei Pflegeberaterinnen im Landkreis Ebersberg. Sie berichtet von den größten Problemen, mit denen die Betroffenen zu ihr kommen.
Wie verzweifelt sind die Menschen, die sich bei Ihnen melden?
Das ist ganz unterschiedlich. Manche kommen erst, wenn die Situation schon sehr schwierig ist. Andere befassen sich sehr vorausschauend mit dem Thema Pflege und wollen wissen, welche Unterstützung es gibt. Akute Anfragen sind aber deutlich häufiger. Wir haben in unserer Beratungsstelle immer Taschentücher griffbereit, denn hin und wieder fließen auch Tränen. Für viele Menschen sind wir einfach die einzige Anlaufstelle. Wer zu uns kommt, hat begriffen, dass es ohne Hilfe nicht mehr weitergeht. Daran haben alle zu knabbern.
Ihre Aufgabe ist es auch, Menschen auf die Realität vorzubereiten. Gibt es Fälle, in denen Sie keine Lösung finden?
Ja, die gibt es. Aber es sind nicht viele. In der Regel finden wir immer Akteure und Angebote, die unterstützen. Lösungen scheitern dann, wenn die Betroffenen nicht bereit sind, Hilfe anzunehmen.
Wer kommt zu Ihnen? Vor allem die Angehörigen?
Nein, das ist ganz gemischt. Betroffener, Angehörige, aber auch Nachbarn oder gute Freunde, die sich Sorgen machen. Manchmal melden sich auch Arztpraxen bei uns. Die häufigste Frage ist, wie man an den richtigen Pflegegrad kommt oder was man tun kann, wenn ein Pflegegrad abgelehnt wurde. Wir informieren auch darüber, welche Hilfe man auch ohne Pflegegrad nutzen kann.
Müssen sich Betroffene bei Hilfen durch ambulante Pflegedienste auf lange Wartelisten einstellen?
Nein, wir haben in unserem Landkreis Ebersberg ein gut aufgestelltes Netzwerk in der ambulanten Pflege. Außerdem arbeiten wir eng mit Pflegestützpunkten und Fachstellen anderer Landkreise zusammen. Wichtig ist aber, dass die Betroffenen schon die Zusage zu einem Pflegegrad haben. Die wenigsten können es sich leisten, in die Vorausleistung zu gehen. Sie hätten das Risiko, die Kosten selbst tragen zu müssen, falls der Pflegegrad abgelehnt wird.
Einige Menschen begleiten Sie über lange Zeit, oft haben Sie es mit schweren Schicksalen zu tun? Wie nahe geht Ihnen das?
Wir haben die nötige Professionalität, um die meisten Fälle gut hinter uns lassen zu können. Aber manche Menschen haben ein Lebensschicksal, das uns sehr berührt. Wenn es zum Beispiel um Kinder geht, hinterlässt das Spuren.
Haben Sie durch die Schicksale, die Sie erleben, Angst, selbst irgendwann Pflege zu brauchen?
Als ich jung war, habe ich mir darüber gar keine Gedanken gemacht. Irgendwann wird man nachdenklicher. Heute bin ich 53 und merke bei den Beratungen, dass es nicht selbstverständlich ist, in meinem Alter gesund zu sein. Es ist wichtig, gewisse Dinge zu regeln: eine Patientenverfügung, eine Vorsorgevollmacht. Wenn man dann irgendwann Pflege braucht, ist es wichtig, sich professionelle Unterstützung zu holen. Ich erlebe es oft, dass sich Betroffene oder Angehörige entschuldigen, weil sie so wenig wissen. Das ist aber völlig in Ordnung. Man darf sich nicht so viele Sorgen um die Zukunft machen, dass man vergisst zu leben.