KOLUMNE

Wasser, bitte!

von Redaktion

Klar, dass jeder in den heißen Tagen dieses Sommers zum Wasser greift – dem aus der Leitung, mitgeschleppt in einem transportablen Trinkgefäß oder einer dieser schick designten Flaschen, die mit der Flüssigkeit gleich eine ganze „Philosophie“ verkaufen. Es geht natürlich noch ganz anders: Ein Londoner Kaufhaus verkauft Wasser in limitierter Auflage, das aus schmelzenden Eisbergen gewonnen wird. Es kostet pro Flasche 80 Euro.

Ein stolzer Preis. Vor allem, wenn man sich vor Augen führt, dass weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser haben und unter Mangel leiden. Jedes dritte Kind auf unserer Erde – das sind 739 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren – lebt laut UNICEF in Regionen, die von hoher Wasserknappheit betroffen sind. Was das bedeutet, kann man sich ausmalen.

Es ist unbedingt notwendig, dass wir einen sorgsamen Umgang mit dem „blauen Gold“ pflegen. Wir müssen daran mitwirken, dass Wasser erhalten bleibt und gerecht auf dieser Erde verteilt wird. An alle, die es zum Leben und Überleben nötig haben – auch, um nicht aus ihrer Heimat fliehen zu müssen. Wer sich mit Wasser ernsthaft befasst, kommt auf Fragen menschlicher Existenz, auf ihre Fragilität und die Gefährdung des Daseins.

Man braucht aber nicht allein auf die Verantwortung zu pochen, die einem aufgetragen ist. Man kann mit dem Wasser auch die Lust am Spielerischen und der Inszenierung lernen. Die Freiheit, Leben zu gestalten, die Aufmerksamkeit für das Detail. Das kann eine schimmernde Pfütze sein, ein Bach oder Strom, ein See oder das Meer, Händels Wassermusik oder ein zauberhaftes Aquarell, aqua, Wasser. Und natürlich die Taufe …

„Ich bin getauft“ hat Martin Luther mit Kreide auf den Tisch geschrieben, wenn er gebeutelt war. Damit bewältigte der Reformator, was an Fluten von Kummer und Leid über ihn hereinbrach. Einer meiner kleinen Täuflinge, er war dem Babyalter bereits entwachsen, langte sich nach der Taufe behutsam mit der Hand auf den Kopf. „Wasser oben“, sagte er heiter gestimmt. So soll es sein. Im besten Sinne „Oberwasser“ behalten.

Getauft mit Wasser, fasziniert vom kostbarsten Lebensmittel – das macht stark, Wüsten des Daseins zu bewässern und anderen den Durst nach Leben zu stillen. Apropos: Ich muss jetzt auf den Balkon. Da wartet jemand auf frisches Wasser, das anderswo nicht so leicht und gefahrlos zu finden ist wie bei uns. Eine kleine, erschöpfte Eichhörnchenmama. Neben einer Horde durstiger Meisen. Allesamt kleine Symbole für die große Welt.

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