Das Bangen der Geprellten

von Redaktion

Fall Go Solar: Geschäftsführer noch immer auf der Flucht

Das Firmenauto von „Go Solar“ auf der eigenen Facebookseite. © Facebook

Der Traum von der eigenen PV-Anlage wurde für „Go Solar“-Kunden zum Verhängnis. © IMAGO

Oberschleißheim – Vor ziemlich genau einem Jahr nahm das Unheil seinen Lauf. Damals verkaufte die Firma „Go Solar“ aus Oberschleißheim unentwegt für knapp 20 000 Euro Komplettpakete an Privathaushalte, bestehend aus Photovoltaik-Modulen plus Montage. Die Kunden, über ganz Deutschland verstreut, bestellten – im Vertrauen darauf, dass ein namhafter Hersteller mit im Boot saß, und leisteten hohe Anzahlungen. Was sie damals nicht wussten: Im Hintergrund fädelte der Firmenchef, ein Nigerianer, klammheimlich den illegalen Ausstieg ein. Mail- und Telefonverkehr liefen weiterhin über das Büro an der Sonnenstraße 7a in Oberschleißheim – bis der Geschäftsführer am 18. Juli 2024 alle Kontaktoptionen kappte, die Firmenkonten leer räumte und mit einer Millionensumme verschwand. Seitdem machen Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei Jagd auf den flüchtigen Geschäftsführer.

Wie ist nach einem Jahr Ermittlungsarbeit Stand der Dinge im Betrugsfall „Go Solar“? Die Polizei verweist auf die Staatsanwaltschaft. Und dort heißt es nur: „Wir können im Moment nicht mehr dazu sagen, als dass wir Ermittlungen in diesem Zusammenhang führen“, teilt Anne Leiding, Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I, mit.

Für die Betroffenen, die hohe Investitionen getätigt und dafür keine Gegenleistung erhalten hatten, ist diese Antwort höchst unbefriedigend. „Man stirbt einen natürlichen Langtod. Vielleicht ist der Fall für die Ermittlungsbehörden nicht groß genug, man gewinnt jedenfalls den Eindruck, dass der Fall im Sande verläuft und die Akte irgendwann einfach geschlossen wird. Was für uns total frustrierend ist“, sagt Familienvater Hyazinth Styra aus Erding. Christian H. aus Hessen, einer der über 100 Geschädigten, sieht es ähnlich: „Keine Informationen und keine Ergebnisse nach einem Jahr Ermittlungen – der Fall ist wohl gelaufen, das wird nichts mehr. Polizei und Justiz lassen uns Normalbürger in die Röhre schauen.“

Geballter Frust bei denjenigen, die 2024 umweltbewusst in moderne Technologie investieren wollten und vom Nigerianer C.P.O., dem Hauptverdächtigen, um viel Geld geprellt wurden. Der Unmut verstärkt sich in einer internen WhatsApp-Gruppe, in der die Betrod genen sich austauschen, weil sie aktuell neue Anhaltspunkte sehen. So erfolgte Ende 2024 die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und die Liquidation von „Go Solar“, was den Geschädigten wenig Hoffnung macht: „Wenn kein Geld mehr da ist, kann der Insolvenzverwalter nichts verteilen“, sagt Hyazinth Styra.

Interessant sind indes so manche Verquickungen. So war der Sohn des flüchtigen Geschäftsführers über eine Holding in die Firma des Vaters involviert. Derweil betreibt er eine Entrümpelungsfirma – und deren Mitarbeiter sind zum Teil, Zufall oder nicht, aktuell identisch mit denen von „Go Solar“. Mehr noch: Wer die Google-Rezensionen der Entrümpelungsfirma genauer anschaut, stößt dort sowohl auf den Namen des flüchtigen Go-Solar-Chefs als auch auf eigenartige Bewertungen – nämlich, dass die alten und neuen Kollegen über Unterfirmen den Entrümpelungsdienst positiv darstellen.

„Diese Ungereimtheiten stinken doch zum Himmel“, findet Hyazinth Styra. Christian H. glaubt: „Die wissen garantiert, wo C.P.O. steckt.“ Das herauszufinden, ist Aufgabe von Staatsanwaltschaft und Polizei. Dass die Behörden doch noch liefern, ein Jahr nach dem Betrug: Darauf hoffen unzählige Geschädigte.MARTIN BECKER

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