Der große Wunsch des Isarindianers

von Redaktion

Liedermacher Willy Michl wird 75 – gefeiert wird aber erst im September

Der Isarindianer in seinem Element: Willy Michl an seinem Fluss. © Archiv

München – Die Federn im schwarzen Haar. Die dunklen Augen. Die sonnengegerbte Haut. Der Leder-Schmuck um Hals und Hände. Ois is Willy! Einfach unverwechselbar. Wenn‘s den Isarindianer nicht gäbe, man müsste ihn erfinden. „Wie ich bin – das ist eine Geisteshaltung“, sagt der Bluesbarde selbst. „Seit vielen, vielen Monden.“ Genauer gesagt: Seit 75 Jahren. Oder 75 Sommern, in Indianisch sozusagen. Und so feiert der Musiker heute seinen runden Geburtstag. Na ja, auch wieder nicht ganz. Der Willy ist nämlich krank. Und so ist ihm nicht wirklich nach Feiern zumute.

„Ich sitz mit einer Fetzen-Bronchitis daheim“, sagt er. Ärgerlich, denn Willy hat seit Jahren ein wunderbares Ritual: Immer zu seinem Ehrentag spielt er im Lustspielhaus ein Konzert. „Das geht aber heuer nicht, weil ja meine Stimme weg ist“, merkt Willy an – hörbar grantig über den Auftritts-Ausfall. Und jetzt? „Wir holen das am 1. September nach. Da wird dann mit den Fans gefeiert.“ Indianer-Ehrenwort!

Und was wünscht sich der Komponist der inoffiziellen Bayernhymne, des „Isarflimmern“ zum Jubiläum? „Ich würde ja gerne die Friedenspfeife rauchen. Aber das geht nicht mit all den Kriegen in der Welt. Schau dir nur die Nachrichten an“, schimpft der Isarindianer. Ein spiritueller Appell fällt ihm dann aber noch ein. „Ich hätte gerne, dass die Menschen mehr auf die Isar hören, auf die Bäume. Auf die ganze Natur! Wir Menschen sind nicht der Mittelpunkt der Schöpfung!“ Und dann fügt der Musiker an: „Ich wünsch mir mehr Harmonie!“

Willy Michl – der wilde Rebell ist vielleicht das letzte Münchner Original. Anarchistisch, außergewöhnlich und auch ein bisserl anstrengend. Manche nennen ihn einen grummeligen Poser, viele einen genialen Poeten. Sein Text zu „Isarflimmern“ ist zweifelsohne ein Gedicht: „Und da Fluss träumt von Millionen Jahren, und laft oiwei so dahin, in seim ewigen Tal, smaragdengrün, des is des Isarflimmern mitten im Paradies.“ Der Musiker weiß noch genau, wann der legendäre Song entstand: „Ich saß in Ramsau am Bach, und da hat mich die Melodie gefunden. Irgendwie. Ich musste das Lied gar nicht schreiben. Es war einfach da“, erzählt er unserer Zeitung. Im Jahre 1978 war das. Der versierte Gitarrist war immerhin einer der Ersten, die es wagten, Blues und Rock auf Bairisch zu präsentieren.

Alles ein alter Hut? Von wegen! Auch Willys „Bobfahrerlied“ läuft heute noch auf jeder Schulfeier, jedem Abi-Ball, auf jedem Präriefestl. Sogar mit eigener Choreografie. Und „Una bella Signorina“ gehört auch zu jedem bayerischen Sommer dazu wie das Eis an der Münchner Freiheit. „Wenn ich zurückblicke, waren sicher die 70er-Jahre eine sehr gute, erfolgreiche Zeit für mich“, erklärt der Blues-Musiker. „Aber eigentlich lebe ich nicht in der Vergangenheit. Meine Auftritte heute, im Hier und Jetzt, sind das, auf was ich mich konzentriere. In meiner Heimat.“

Heimat ist ein wichtiger Begriff in Willys Leben. Er als Indianer hätte doch auch in die USA gehen können, mag so mancher denken. Gar müssen? „Nein, überhaupt nicht. Ich bin kein Apache, kein Comanche. Ich bin Isarindianer. Hier sind meine Ahnen begraben – hier ist meine Welt. Dort, wo ich geboren bin.“ Bayerischer geht‘s kaum.

Bleibt zum Jubiläum heute nur zu sagen: Lieber Willy, bleib dieser bunte Vogel in unserem weiß-blauen Paradies, dieser Klang des Donners. Sei die Augen des Falken. Denn ohne dich, da wär unser Bayern ein ganzes Stück langweiliger. Ois Guade! ARMIN GEIER

Artikel 6 von 11