Die 3. Startbahn vor Gericht

von Redaktion

Prozess um ewiges Baurecht: Projekt würde Milliarden kosten

Seit 20 Jahren gegen die Startbahn: Hartmut Binner aus Freising.

Kläger Michael Buchberger (sitzend) mit Christian Magerl, der den Bund Naturschutz vertritt.

Ein Lufthansa-Jet am Flughafen: Kläger wehren sich gegen eine 3. Bahn. © IMAGO/Bihlmayer, M. Götzfried (2)

München – Es ist ein Wiedersehen der Anti-Startbahn-Veteranen. Hartmut Binner (86) war jahrelang einer der Anführer im Protest gegen die 3. Startbahn am Flughafen München. Mit dem Zug ist er an diesem Dienstagmorgen aus Freising nach München gekommen. Mit ihm sind im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal 5 des Verwaltungsgerichts Franz Spitzenberger und Michael Buchberger von der Bürgerinitiative Freising-Attaching gekommen, beide Kläger im aktuellen Streitfall. Vor Gericht wird die Frage verhandelt, ob die Baugenehmigung für die Flugpiste demnächst, am 5. März 2026, erlöschen wird. Oder ob sie sozusagen auf ewig gilt, weil der Flughafen mit Bauvorhaben, die im Planfeststellungsbeschluss zum Startbahnbau ebenfalls aufgeführt wurden, schon begonnen hat. So sieht es die Regierung von Oberbayern, die im Herbst 2024 einen Feststellungsbescheid dazu erlassen hat. Dagegen klagen vor dem Verwaltungsgerichtshof Landkreis und Stadt Freising, die Gemeinde Berglern, der Bund Naturschutz und fünf Privatkläger. Eine Entscheidung gab es gestern noch nicht. Das Gericht vertagte sich bis Ende Juli.

Seit März 2016 ist die Baugenehmigung rechtskräftig. Seitdem hat die Flughafen München GmbH (FMG) unter anderem einen S-Bahn-Tunnel als Teil einer geplanten Bahnverbindung nach Erding, ferner eine Flugfeldbetankungsanlage und auch Straßen gebaut. Die Vorhaben stehen im Planfeststellungsbeschluss zur Startbahn und haben, so sehen es zumindest die Kläger, nichts mit der Flugpiste zu tun. Besonders strittig ist, wie Grundstückskäufe zu werten sind. Der Flughafen hat seit 2018 mindestens 32 Grundstücke gekauft, die für die Startbahn notwendig wären. Freilich summiert sich das insgesamt auf nur 69,9 Hektar – laut FMG 23,3 Prozent der benötigten Gesamtflächen. Die Rechnung der Kläger geht anders, wie Rechtsanwalt Remo Klinger verdeutlichte: Sie gehen von der nötigen Gesamtfläche aus, die wesentlich höher ist: 1678 Hektar. Da fallen knapp 70 Hektar nicht ins Gewicht. So oder so: Fast 300 Hektar fehlen noch, auch Sperrgrundstücke des Bund Naturschutz und der Kirche sind darunter.

Außerdem sei nicht absehbar, sagen die Kläger, dass die Startbahn in dem gesetzlich vorgeschriebenen „überschaubaren Zeitraum“ gebaut werden könne. Es gibt ja ein Moratorium der Staatsregierung. Anwalt Klinger forderte deshalb, dass der Planfeststellungsbeschluss aufgespalten wird – dann könnte die Genehmigung für die Startbahn hinfällig werden, ohne dass damit der Weiterbau etwa des S-Bahn-Tunnels gefährdet wäre. „Wir haben nicht drei, vier, fünf Pläne, sondern wir haben einen Plan“, hielt da der Anwalt der FMG dagegen. Und wann der realisiert werde, spiele „keine Rolle“. An diesem Punkt widersprach die Richterin: „Das kann nicht sein, dass es ein ewiges Baurecht gibt. Das gibt es nicht“, stellte sie klar. Und an die FMG gewandt: „Ein Missbrauch geht nicht.“ Sie vergleiche das mit einer Baugenehmigung für ein Wohnhaus, „und dann errichte ich nur die Garage“, das sei auch nicht zulässig.

Es sind Bemerkungen, aus denen die Kläger vorsichtige Hoffnung schöpfen, ein Ewigkeitsrecht für die Startbahn noch abwenden zu können. Die FMG musste sich auch zur Mittel- und Langfristplanung äußern. Dort ist, was erst im vergangenen Jahr bekannt wurde, der Bau der Startbahn weiter vorgesehen. Gestern legte die FMG teils geschwärzte Unterlagen mit Beschlüssen der Gesellschafter vor. Immerhin: Es kam heraus, wie viel die Startbahn kosten würde: 1,5 Milliarden Euro bis 2035, danach eine weitere Milliarde für Investitionen in das sogenannte Flughafen-Vorfeld.

Michael Buchberger, einer der Privatkläger, schöpft Hoffnung. Sein Haus im Dorf Attaching wäre „weniger als 1000 Meter“ von einer 3. Startbahn entfernt. 20 Jahre ist es jetzt her, dass die FMG den Antrag zum Bau der Startbahn stellte. Jetzt aber müsse es „doch irgendwann einmal ein Ende haben“.DIRK WALTER

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