Ruhe in Frieden, Ringo!

von Redaktion

40 Jahre auf der Wiesn: Das Schichtl-Theater trauert um seinen legendären Henker

Die Rolle seines Lebens: Ringo Praetorius war Schankkellner, Christbaumverkäufer und Bildhauer – vor allem aber Henker mit über 15 000 Auftritten. © Michael Westermann

München – Man kann Ringo Praetorius nur wünschen, dass sein berühmtes Motto auch für ihn selbst gegolten hat. „Kopf hoch, dann stirbt sich‘s leichter“: Diesen Satz hat er jedem seiner Delinquenten mit auf den Weg gegeben, wenn‘s zur Enthauptung auf der Bühne ging. Denn Ringo Praetorius war der Henker im Schichtl-Theater auf dem Oktoberfest. Hier hat er tausende Münchner mit der Guillotine hingerichtet – nur zum Schein natürlich. Nach der Vorstellung ist jeder von ihnen wieder aufgestanden.

Ringo selber aber wird nie mehr aufstehen. „Er ist heute in der Früh um fünf in der Klinik gestorben“: Das bestätigt Manfred Schauer, der Wiesn-Schichtl, gestern Abend unserer Zeitung. Man spürt, wie mitgenommen er ist, als er das sagt. Für München ist es der Abschied von einer Legende, für Schauer ist es das Ende eines langen gemeinsamen Weges. Er erinnert sich an das Jahr 1985: „Als ich den Schichtl übernommen habe, hab ich gewusst, dass ich das allein nicht packe. Ein Bekannter vom Großmarkt hat mir den Ringo empfohlen. Der hatte zwar genauso wenig Ahnung wie ich, aber wenigstens waren wir dann zu zweit.“

Das mit der Ahnung: Das hat sich schon gegeben mit der Zeit. 40 Jahre Wiesn-Erfahrung haben Praetorius und Schauer zusammen gesammelt, vor ein paar Jahren erst haben sie die 15 000. gemeinsame Vorstellung gefeiert. Und sie erarbeiteten sich zusammen den Status als Oktoberfest-Inventar: Ohne die gibt‘s keine echte Wiesn.

Praetorius war auf der Schichtl-Bühne immer weiß geschminkt und schwarz-weiß gekleidet – im sonstigen Leben war er aber ein bunter Hund. Hjalmar Maximilian Ringo Praetorius, wie er eigentlich hieß, hat ursprünglich Schriftsetzer und Bildhauer gelernt, war Schankkellner im Atzinger, Christbaumverkäufer in Oberhaching, ein Poet und ein Alltags-Philosoph vor dem Herrn. Gewohnt hat er in Untergiesing. Wenn Manfred Schauer jetzt an seinen langjährigen Henker zurückdenkt, dann erinnert sich an „ein sympathisches Durcheinander“. Und er sagt: „Es war zwar nicht immer leicht, den Ringo zu mögen. Aber es war immer unmöglich, ihn nicht zu mögen.“

Zuletzt ist es dem Ringo nicht mehr gut gegangen, schon 2024 hat er auf dem Oktoberfest pausieren müssen. Schauer: „Dass er malad ist, hat man gesehen. Er hat gegessen ohne Hunger, getrunken ohne Durst und geraucht ohne Sinn.“ Jetzt hat ihm der Krebs das Leben genommen. Ringo Praetorius wurde 82 Jahre alt.U. HEICHELE/S. SESSLER

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