Die Pforte des Hindu-Tempels im Ampertal.
Priester Ragunathan erklärt Redakteur Johannes Welte die Rolle des Elefantengottes Ganesha.
Priester Balakrishnaiyer Ragunathan an einem Schrein in dem Hindu-Tempel in Fürstenfeldbruck. © Michaela Stache (3)
Fürstenfeldbruck – Der Duft von Rauchwerk aus Sandelholz und Tulsiblättern nimmt mich gefangen, als ich in Socken die Treppenstufen hinaufsteige. Im Keller habe ich meine Schuhe ausgezogen. Aus Lautsprechern klingt Schalmeien-Musik. Auf einem goldenen Schrein thront die Figur eines bunt gekleideten Elefantenmenschen. In der Halle sitzen Fauen und Männer auf dem Boden, andere stehen: Ich bin im Tempel des Tamil-Hindu-Vereins am S-Bahnhof Buchenau.
Rund 1000 Mitglieder zählt der Verein, der von Flüchtlingen aus Sri Lanka während des Bürgerkrieges in den 1980er-Jahren gegründet wurde. „Meine Eltern gingen erst zum Beten in eine Kirche, später hatten wir einen Tempel in Neuaubing im dritten Stock eines Gewerbebaus“, erzählt der in München geborene Parmilan, der in den Tempel eingeladen hat. Ich wohne einer Puja bei – einem Hindu-Gottesdienst an einem Freitag, der für die Anhänger der in Indien und dem Norden Sri Lankas verbreiteten Religion der wichtigste Wochentag ist. „Vanakkam!“, begrüßt mich Priester Balakrishnaiyer Ragunathan. Er zeigt mir kleine Schalen, die mit Asche und Sandelholzpaste gefüllt sind – und wie man sich damit zu Beginn der Puja einen Punkt auf die Stirn tupft. „Das ist ein Tilaka, ein Segenspunkt, der das Energiezentrum, das dritte Auge, schützt.“
Er legt Blumen um die Ganesha-Figur, der Elefantengott wird von zwei Mäusen flankiert. „Das ist der Gott, den wir für unseren Tempel ausgewählt haben“, erklärt Parmilan, der als Speditionskaufmann arbeitet. Und Priester Ragunathan ergänzt: „Er ist ein Glücksbringer, räumt Hindernisse aus dem Weg. Materielle wie geistige.“ Die Mäuse zu Ganeshas Füßen gelten als Ganeshas Reittiere. „Wir achten die Natur und die Tiere, deswegen beten wir zu ihnen“, erklärt der Priester. Der Schutz der Natur ist auch Inhalt der Mantras, die der Priester und seine Gemeinde singen. Hindus glauben an die Wiedergeburt. Je besser man sein Leben gegenüber seiner Umwelt gelebt hat, desto höher ist die Stufe des Lebens, in das man wiedergeboren wird. Hindus sind darum meist Vegetarier. Irgendwann erreicht man das Moksha, die Erlösung.
Mit gefalteten Händen verfolgen die gut 100 Puja-Besucher die Mantras und die Prozession des Priesters im Tempel, der die Götterstatuen zuvor mit Mangosaft und Milch gereinigt hatte. Dann werden auf einem Tisch Opferteller aufgereiht: Bananen, Limetten, Orangen und Mangos, die Spender auf Zetteln. Außerdem gibt es mit Ghee-Öl gefüllt Lämpchen. Sie werden mit einem großen Ölleuchter entzündet, den der Priester zuvor mit Ganeshas Feuer erleuchtet hat.
Die Spendernamen werden verlesen und diese gesegnet, dann geht der Priester mit der Ölleuchte durch den Tempel, jeder fächert sich symbolisch Ganeshas Feuer über Kopf und Körper. Die Opfergaben nehmen die Spender später mit nach Hause, um sie am Familienschrein abzulegen, am nächsten Tag werden sie verspeist. Zum Schluss zeichnet Priester Ragunathan allen Teilnehmern des Puja das Ganesha-Zeichen mit Asche auf die Stirn. Dann wird ein duftendes Festmahl aus Linsen, Kichererbsen, Reis und Kartoffeln gereicht. Man isst mit den Händen und unterhält sich angeregt, bevor man sich verabschiedet. Der Hindu-Tempel hat täglich für eine Puja um 18 Uhr geöffnet. Auch Nicht-Hindus sind willkommen.