„Wir lassen nichts unversucht“

von Redaktion

Mit Schallwellen der Sonargeräte wird der Seegrund abgesucht. Die Vermissten könnten sich aber in einem toten Winkel hinter Steinen befinden. © Wasserwacht Bayern

Profitaucher und Einsatzkräfte der Polizei suchen den Eibsee seit einer Woche nach den Vermissten ab. © Dominik Bartl

Grainau – Der Eibsee in Grainau ist 172 Hektar groß – die Fläche entspricht etwa 240 Fußballfeldern. An einigen Stellen ist der Bergsee über 30 Meter tief, unter der Wasseroberfläche gibt es teils starke Strömungen, am Grund des Sees liegen große Steine. All das macht die Vermisstensuche enorm schwierig. Seit einer Woche starten Einsatzkräfte der Polizei jeden Tag mit Profi-Tauchern aufs Wasser.

Sie suchen an der Stelle, an der vergangenes Wochenende ein sechsjähriger Junge von einem Tretboot ins Wasser gefallen ist. Der 33-jährige Vater sprang hinterher, beide tauchten nicht mehr auf. Die Mutter und ihre vierjährige Tochter mussten vom Boot aus alles hilflos mitansehen. Obwohl die ersten Einsatzkräfte schon drei Minuten nach dem Notruf vor Ort waren und seitdem täglich mit einem Großaufgebot nach Vater und Sohn gesucht wurde, sind die beiden immer noch vermisst.

An den Booten der Einsatzkräfte sind Sonargeräte befestigt, die mit Schallwellen die Tiefe absuchen. Auf einem Bildschirm an Bord wird visualisiert, an was der Schall abprallt. Bei großen Gegenständen wie Felsen funktioniert das gut, erklärt der Lenggrieser Forschungstaucher Florian Huber (49). Je kleiner etwas ist, das den Schall reflektiert, desto ungenauer wird die Darstellung. Dann müssen die Taucher nach unten und nachsehen. Das kostet jedes Mal viel Zeit, sagt er. Und ist wegen der Strömungen körperlich anspruchsvoll.

Huber lebt und arbeitet in Kiel. Wäre er gerade in Bayern, hätte er den Einsatzkräften seine Unterstützung als Taucher angeboten, sagt er. Weil er weiß, wie aufwendig und schwierig die Suche ist. „Sie tun sicher ihr Menschenmöglichstes“, sagt er. Der Suchradius werde bei einer solchen Vermisstensuche Stück für Stück erweitert. „Der Eibsee hat klares, nährstoffarmes Bergseewasser“, erklärt er. An guten Tagen reiche die Sicht unter Wasser fünf bis zehn Meter. „Aber auch das ist nicht wirklich weit.“ Zumindest nicht, wenn man nicht weiß, in welcher Tiefe man nach den Vermissten suchen muss. Auch die Sonargeräte haben immer einen toten Winkel, erklärt Huber. Und nicht jeder Vermisste treibe irgendwann nach oben. Das hänge von Körperbau und Kleidung ab – und davon, wie viel Luft noch in der Lunge ist.

Huber geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die beiden Vermissten im Eibsee gefunden werden. „Wir werden nichts unversucht lassen“, sagt Michael Spessa, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd. Die Suche werde fortgesetzt, bis die Vermissten gefunden sind, kündigt er an. Mittlerweile arbeitet die Polizei dafür mit externen Fachfirmen zusammen, die sich gut mit Sonartechnik auskennen. „Durch die Strömungen können wir keinen Bereich, der komplett abgesucht ist, wirklich ausschließen“, erklärt er das Problem. Jeden Tag werde aufs Neue geprüft, was bei der Suche Sinn macht. Hubschrauber, die die Oberfläche des Sees absuchen, sind nicht mehr täglich im Einsatz. Auch die Anzahl der Einsatzkräfte schwankt, sagt Spessa. Es handle sich einfach um eine riesengroße Menge Wasser, die abgesucht werden müsse. „Selbst mit 200 Tauchern wäre es noch eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“

Der Einsatz ist offiziell noch immer eine Vermisstensuche, betont er. Das bedeutet auch, dass die Polizei die Einsatzkosten übernimmt. Es sei zwar sehr unwahrscheinlich, dass die Vermissten noch lebend gefunden werden. Spessa betont aber: „Die Hoffnung stirbt zuletzt, das sind wir der Familie schuldig.“ Parallel zu der Suche laufen die Ermittlungen, wie sich das tragische Unglück ereignet hat. Die Polizei will sich aus Pietätsgründen aktuell nicht dazu äußern, ob der Sechsjährige eine Schwimmweste getragen hatte.

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