Sicherheitstraining für Senioren: Es gibt spezielle Schulungen für Pedelec-Fahrer – auch beim ADFC in Bayern. © Imago
München – Die Unglücksfälle häufen sich. 9. Juli: Ein 80-Jähriger stürzt in Gmund am Tegernsee mit seinem Pedelec, prallt mit dem Kopf auf den Asphalt und stirbt. 8. Juli: Ein 85-jähriger Pedelec-Fahrer wird bei Weilheim frontal von einem Pkw erfasst und stirbt wenige Tage später. 28. Juni: Ein 84-Jähriger fällt in München mit seinem Pedelec und erliegt später im Krankenhaus seinen Verletzungen. 24. Juni: Ein 84-jähriger Pedelec-Fahrer übersieht beim Überqueren einer Straße in Weilheim einen Motorradfahrer, stößt mit ihm zusammen und verliert das Leben. Immer wieder gab es in letzter Zeit Berichte über Unfälle von Senioren mit Elektro-Fahrrädern.
„Dass das Unfallrisiko bei Senioren mit Pedelecs besonders hoch ist, ist durch die Unfallstatistik belegt“, sagt Eva Mahling, bayerische Landesvorsitzende des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). Im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord zum Beispiel wurden vergangenes Jahr fünf Pedelec-Fahrer getötet – alle waren mindestens 65 Jahre alt. Von den 673 verletzten Elektro-Radlern im Polizeipräsidium Oberbayern Nord waren 242 Senioren.
Es gibt vielfältige Gründe, weshalb Senioren besonders gefährdet sind. „Im Alter lässt die Reaktionsfähigkeit nach“, sagt Mahling. „Und mit Pedelecs wird eine hohe Geschwindigkeit oft mühelos erreicht. Deshalb muss man schneller reagieren.“ Ein weiteres Problem sieht die Expertin in der Infrastruktur für Radler. „Viele Unfälle passieren aufgrund der schlechten Zustände der Radwege“, beklagt sie. Außerdem habe der Radverkehr in den letzten Jahren zugenommen – doch viele Radwege seien weiterhin recht schmal. „Die Fahrradverkehrs-Dichte steigt“, sagt Eva Mahling, „und damit steigen auch die Konflikte.“ Sie fordert deshalb eine „Infrastruktur, die Fehler verzeiht“. „Davon profitieren nicht nur Senioren, sondern alle, die nicht so sicher unterwegs sind“, sagt sie. „Das sind zum Beispiel auch Kinder.“
Die gute Nachricht für alle, die überlegen, sich ein Pedelec anzuschaffen: „Man kann selbst etwas tun, um sicherer unterwegs zu sein“, betont Mahling. Und dazu zählt nicht nur das Tragen eines Fahrradhelms. „Mit der richtigen Technologie und Ausstattung kann man seine Mobilität erhalten“, erklärt sie.
Wichtig sei zunächst, sich beim Kauf eines Elektrorades in einem Fachgeschäft beraten lassen. Sie empfiehlt für Senioren ein Fahrrad mit tiefem Einstieg und breiten Reifen. „Gewicht und Größe des Rades müssen zur Person passen“, erklärt sie. Ihr Tipp: „Je leichter das Rad ist, desto besser. Ein geringes Gewicht ist wichtiger als eine große Reichweite.“ Außerdem solle man auf eine aufrechte Sitzposition achten. Auch die Platzierung des Motors spiele eine Rolle. „Je tiefer der Schwerpunkt, desto kippsicherer ist das Rad“, erklärt Eva Mahling. Sie rät deshalb zu einem sogenannten Mittelmotor. Pflicht sei zudem eine gute Bremse. „Viele Senioren hatten bei ihrem alten Fahrrad eine Rücktrittsbremse“, sagt sie. „Aber die ist für ein Pedelec nicht passend.“
Wer schließlich ein Rad gefunden hat, soll sich erst einmal in Ruhe mit der Technik vertraut machen. Der ADFC bietet dazu Trainings speziell für Senioren an. Wie wirkt die Bremse? Wie funktioniert die Schaltung? Wie schnell wird das Rad? Und wie verhält es sich beim Kurvenfahren oder auf steilen Wegen? All das müssen Radler erst einmal herausfinden. „Man soll sich nicht überschätzen und am Anfang in Ruhe üben“, fordert Eva Mahling. „Das geht zum Beispiel gut am Sonntag auf einem leeren Parkplatz.“ Hilfreich speziell für Senioren seien auch eine Überprüfung von Augen und Ohren sowie präventive Gleichgewichtsübungen.
Doch auch für alle, die bereits mit Gleichgewichtsproblemen zu kämpfen haben, gibt es eine Lösung, um mobil zu bleiben. „Es gibt auch Dreiräder mit Elektromotor“, berichtet Eva Mahling. „Manche Modelle haben hinten sogar noch eine Kiste, in der zum Beispiel Einkäufe transportiert werden können.“CLAUDIA SCHURI